: Hilfe für Embryonen
Der Vorschlag, Embryonen im Reagenzglas die Menschenwürde abzuerkennen, stößt auf heftige Ablehnung bei Grünen, Union und SPD
von WOLFGANG LÖHR
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hat mit ihrem Vorstoß, den Schutz von Embryonen aufzuweichen, eine Welle der Empörung ausgelöst. So nannte Hubert Hüppe, CDU-Bundestagsabgeordneter und Mitglied der Enquetekommission Medizinethik, die Rede der Ministerin einen „bioethischen Offenbarungseid“. Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Maria Böhmer sagte, mit Zypries’ Ansatz würden Embryonen „vom Menschen zu Material“. Das sei weder mit dem Grundgesetz noch dem Embryonenschutzgesetz vereinbar.
Harsche Kritik kam nicht nur aus Reihen der Opposition. Auch Mitglieder der Koalition wiesen Zypries’ Forderung, den Reagenzglasembryonen solle keine Menschenwürde mehr zugestanden werden, vehement zurück. Die Grünen Volker Beck und Reinhard Loske sprachen sich strikt gegen die Aufweichung des Embryonenschutzes aus.
Das Bundestag habe mit dem Stammzellgesetz klargestellt, dass Embryonen unter den Menschenwürdeschutz des Grundgesetzes fielen, sagte der SPD-Abgeordnete Wolfgang Wodarg. „Völlig unverständlich“ sei für ihn, warum die Justizministerin jetzt, „ohne dass überhaupt eine Notwendigkeit“ bestände, diese Regelung kippen wolle.
Positiv sei, so Wodarg, dass Zypries sich klar gegen die Präimplantationsdiagnostik (PID) ausgesprochen habe. Das hat auch ihn überrascht, denn bisher war von einigen SPD-MinisterInnen eher zu hören, dass sie die Embryonenselektion im Reagenzglas bei schweren Erbkrankheiten befürworteten. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder hatte sich in der Vergangenheit für die Zulassung der PID ausgesprochen. Und Wodarg ist sich ziemlich sicher, dass die Justizministerin vor ihrer Rede mit dem Bundeskanzler über die Neupositionierung gesprochen habe. Der Kanzler ließ nach Zypries’ Vortrag in der Berliner Humboldt-Universität auch verlautbaren, er setze sich für eine Diskussion ein, ob die Grenzen mit dem Stammzellengesetz „richtig gesetzt sind“. Unterstützung erhielt Zypries auch vom Vorsitzenden des Nationalen Ethikrates, Spiros Simonis. Die Rede der Ministerin sei kein Tabubruch gewesen, sagte Simonis.
Das sehen die Kritiker anders. Denn sollte es unterschiedliche Schutzrechte für Embryonen geben, je nachdem, ob sie natürlich gezeugt wurden oder in der Petrischale, dann komme das einem Dammbruch gleich.
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