: Filmriss vorbeugen
Der „Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen“ klärt über K.O.-Mittel auf. Die Gefahr ist nur schwer einzuschätzen
Bei 40 Prozent der bis zu 140 Opfer, die der „Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen e. V.“ jährlich betreut, spielten bewusstseinsverändernde Substanzen eine Rolle, schätzt die Psychologin Daniela Müller. Die Berichterstattung stürzt sich meist auf das Phänomen K.O.-Tropfen: Substanzen wie GHB, kurz für Gammahydroxybuttersäure, werden den Opfern in Getränke gemischt und versetzen sie in komatöse Zustände, Filmriss inklusive. „Aber Alkohol ist genau so gefährlich“, sagt Müller. Um über K.O.-Mittel aufzuklären, startete der „Notruf“ mit Unterstützung der Bremer Polizei gestern eine Präventionskampagne. Info-Poster, -Flyer und -Postkarten werden ab heute in Bremen und Bremerhaven verteilt.
Frauen, die im bewusstlosen Zustand vergewaltigt wurden, haben oft keine oder nur bruchstückhafte Erinnerungen an die Tat und lebten häufig in einer „Atmosphäre von Misstrauen“, erklärt Gabriele Treu vom „Notruf“. Die Gedächtnislücke biete Raum für alle möglichen Vorstellungen: Wer war der Täter – oder die Täter? Wurde ich gefilmt oder fotografiert? Diese Unsicherheit führe oft zu Angst vor Kontrollverlusten und sozialer Isolation.
Wie groß die Gefahr ist, durch K.O.-Mittel zum Opfer zu werden, ist allerdings nur schwer einzuschätzen. Die Polizei in Bremen behandelt pro Jahr im Schnitt 150 Vergewaltigungsfälle und zwischen 50 und 60 Fälle sexueller Nötigung. Vergewaltigung unter dem Einsatz von K.O.-Mitteln konnte in den letzten beiden Jahren nur ein einziges Mal nachgewiesen werden, in fünf Fällen besteht der Verdacht. Darüber, wie viele Fälle es tatsächlich gibt, könne man „nur spekulieren“, sagt Ruth Jopert von der Kriminalpolizeilichen Beratungsstelle. Denn Substanzen wie GHB sind meist nicht länger als sechs Stunden in Blut und Urin nachzuweisen. Deshalb sei es wichtig, dass sich Opfer früh melden, um Beweise sichern zu können, so Jopert. Beim „Notruf für vergewaltigte Frauen und Mädchen“ beobachtet man „den Trend, die Hilflosigkeit von Opfern auszunutzen“, so Daniela Müller. Unter dem Einsatz „jedes Mittels und ohne großes Unrechtsbewusstsein“. THA