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Archiv-Artikel

Strukturförderung mit Jauchetanks

Architekten schlagen neuartige Nutzung für ehemalige Güller vor: Wohnhaus und Irrgarten bereits realisiert. Chance für den ländlichen Raum

Jetzt ist es sogar gutachterlich belegt: Ehemalige Güllentanks eignen sich für eine Vielzahl von Nachnutzungen. Wie eine Studie des Architekten David Simon ergeben hat, könnten die Güller dem ländlichen Raum einen guten Dienst erweisen – so sich denn Investoren fänden, die das Wagnis eines Umbaus auf sich nähmen. „Die Bauern sind nicht sehr risikobereit“, bedauert Planer Simon, der einen Güller zum Wohnhaus umgebaut hat. Am Freitag ist ein weiteres Projekt fertig geworden.

Die leer stehenden Jauchetanks sind Zeugen des Strukturwandels in der Landwirtschaft, der in den 90er Jahren viele kleine Bauern hat aufgeben lassen. Simon hat sich zusammen mit Kollegen und Studierenden der Fachhochschule Kiel überlegt, was sich aus den hochwertigen Sichtbeton-Zylindern alles machen ließe.

Der Güller in Blunk bei Bad Segeberg ist seit mehr als zwei Jahren bewohnt. Er bietet 90 Quadratmeter Fläche auf zwei Ebenen unter einem Glasdach. Simon hat dort bereits bewiesen, dass sich die psychologisch wohl bedeutendste Hürde – Gestank und Schmutz, die an den Wänden eines solchen Fäkalientanks kleben – restlos beseitigen lassen. Ein simpler Dampfstrahler machte es möglich. Mit Kosten von rund 100.000 Euro sei der Umbau zehn Prozent billiger gewesen als ein vergleichbarer Neubau.

In Mözen bei Bad Segeberg beherbergt ein ähnlicher Güller seit Freitag ein Labyrinth. Studenten der Fachhochschule haben den Irrgarten aus Holzwänden gezimmert. Der vier Meter hohe Zylinder bietet 300 Quadratmeter Fläche, auf denen man sich verlaufen kann. „Der Bau muss sich seiner Umgebung anpassen“, sagt Simon. Zum Mözener See kommen im Sommer tausende Jugendliche, denen das Labyrinth in Zukunft ein Extravergnügen bereiten soll.

„Die Güller sind mannigfaltig einsetzbar, gerade im Zusammenhang mit grundsätzlichen Entwicklungsperspektiven für den ländlichen Raum“, gutachtet Simon, der im Auftrag des Kieler Innenministeriums und des Kreises Segeberg tätig geworden war. Zu seinen und seiner Mitstreiter Vorschlägen gehören auch ein Sauna-Ruheraum, ein Restaurant am Nord-Ostsee-Kanal, ein Pferdestall und eine Biogasanlage.

„Wir sind positiv überrascht, was für tolle Ergebnisse herausgekommen sind“, sagt Christina Pfeiffer vom Innenministerium. Die Jauchetanks abzureißen, sei sehr teuer. „Deshalb suchen wir auf kreative Art und Weise neue Nutzungsmöglichkeiten.“ Die Anregungen der Studie sollen nun in Form einer Broschüre veröffentlicht werden.

Gernot Knödler