Es soll genug für alle sein

Zum Auftakt der Reihe „Ökumenisches Podium Sozialpolitik“ diskutieren morgen Experten über mögliche Alternativen zur gegenwärtigen Sozialpolitik

Mit einer Podiumsdiskussion geht morgen Nachmittag die Veranstaltungsreihe Ökumenisches Podium Sozialpolitik in das zweite Halbjahr 2004. Das fachpolitische Podium, das in diesem Jahr sein zehnjähriges Jubiläum feiern kann, beansprucht, „Maßstäbe und Positionen zur sozialpolitischen Entwicklung aus dem kirchlichen Raum zu formulieren“.

Berücksichtigung finden sollen dabei erklärtermaßen neben den „Perspektiven von Nutzerinnen und Nutzern sozialer Dienste und Leistungen“ auch „sozialethische Maßstäbe und Praxisvorschläge“. Ausrichter sind unter anderem das Diakonische Werk Hamburg, der Caritasverband, der Evangelisch-Lutherische Kirchenkreisverband Hamburg sowie die Evangelische Fachhochschule für Sozialpädagogik.

„Es ist genug für alle da“ – dieses Motto der Reihe kommt auf den Prüfstand, wenn bei der ersten Veranstaltung Probst Bollmann vom Kirchenkreis Harburg sowie die Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel, Universität Bremen, und Wolf Schäfer von der Helmut-Schmidt-Universität der Bundeswehr diskutieren.

Wie können soziale Ungerechtigkeiten und Ungleichheiten verändert werden? Gibt es Alternativen zum gegenwärtigen Reformkurs, der in Hartz IV seinen Ausdruck findet? Wie könnte ein sozial gerechtes Steuersystem aussehen? So lauten einige der Fragen, denen sich die Runde widmen will angesichts einer Reform- und Sparpolitik, die sich selbst unablässig als „alternativlos“ rechtfertigt.

„Die Forderung, den Gürtel enger zu schnallen, ist ein falsches Bild“, meint der Wirtschaftswissenschaftler Hickel. „Es lenkt ab von der Spaltung zwischen Arm und Reich.“ Vehement fordert er eine Umverteilungspolitik ein, um soziale Gerechtigkeit zu schaffen. Ein politisches Mittel sei die Umgestaltung des Steuersystems. Es sei nicht effektiv, die Mehrwertsteuer zu erhöhen und zugleich den Spitzensteuersatz zu senken. Auch fordert er die Vermögenssteuer. „Der Staat wird durch geringere Steuereinnahmen immer handlungsunfähiger“, so Hickel zur taz.

Daneben warnt er vor dem Phänomen der working poor, also trotz Arbeit in Armut lebender Menschen, die – vor allem im Billiglohnsektor – auch in Deutschland verstärkt zu finden sein werden. Damit verbindet er die Forderung nach Mindestlöhnen, „die brauchen wir ebenso wie soziale Mindeststandards“.

Ob – und welche – Alternativen es zur momentanen Politik geben könnte, die die Botschaft vermittelt, es sei eben nicht mehr genug für alle da, das soll auf dem Podium erörtert werden. Die Diskussion wird geleitet von dem Journalisten Burkhard Plemper. Jennifer Neufend

morgen, 16.30–18.30 Uhr, Haus der kirchlichen Dienste, Danziger Str. 64