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Archiv-Artikel

Tag der Abgänge

Der HSV trennt sich von Misserfolgstrainer Toppmöller, Dortmund setzt Gerd Niebaum als Präsident ab

HAMBURG/BERLIN taz ■ Beide Vereine gehören zu den Gründungsmitgliedern der Bundesliga, beide haben am Samstag 0:2 verloren und beiden geht es seit einiger Zeit sehr schlecht – dem Hamburger SV vor allem sportlich, Borussia Dortmund vor allem wirtschaftlich. Gestern wurden in beiden Klubs personelle Konsequenzen aus der Misere gezogen. Nach dem 0:2 gegen Bielefeld wollen die Verantwortlichen beim HSV den Namen des Trainers Klaus Toppmöller nicht mehr auf kommenden Spielberichtsbögen lesen, in Dortmund findet die 18-jährige Ära des Präsidenten Gerd Niebaum ihr längst fälliges Ende. Am 14. November tritt er zurück, sein Nachfolger soll mit Reinhard Rauball sein Vorgänger werden. Mit sofortiger Wirkung nahm der Aufsichtsratsvorsitzende Winfried Materna seinen Hut.

In Dortmund hatten sich die Gerüchte über personelle Konsequenzen aus der Misswirtschaft beim mit 118 Millionen Euro verschuldeten Klub und den daraus resultierenden Skandalen zuletzt gejagt. Die zuständigen Gremien müssten entscheiden, hatten Niebaum und Manager Michael Meier immer wieder erklärt. Diese tagten nun gestern und bewegten Niebaum zur Aufgabe seines Amtes. Der 55-Jährige soll jedoch ebenso wie Meier Geschäftsführer bleiben. Das wiederum missfällt dem mächtigen BVB-Großaktionär Florian Homm, vor allem, nachdem der Spiegel nun auch Vorwürfe der persönlichen Bereicherung gegen Niebaum erhob.

Beim Hamburger SV hatte sich der Aufsichtsrat schon seit Wochen das wenig hanseatische Auftreten von Klaus Toppmöller ausgeguckt, um Kritik am Trainer zu lancieren. Das will der Vorstand bei der Trainerentlassung natürlich nicht als Grund gelten lassen. „Wir haben uns die Entscheidung nicht leicht gemacht und mit dem Trainer lange gesprochen. Aber am Ende können auch wir nicht die Augen vor den Ergebnissen und dem Tabellenplatz verschließen“, sagte HSV-Vorstandschef Bernd Hoffmann.

Die Fans sehen das differenzierter. „Außer Toppi könnt ihr alle geh’n“ sangen sie. Seit Wochen beklagte sich Toppmöller über die fehlende Leistungsbereitschaft seiner Spieler, fiel als schlechter Lobbyist dabei aber immer wieder durch undiplomatische Äußerungen auf. „Hier werden immer nur Lippenbekenntnisse gemacht“, beschwerte er sich am Samstag über den HSV-Vorstand und legte nach: „Hier hat doch jeder Spieler seinen eigenen Pressevertreter.“ Immerhin unterstützte HSV-Keeper Martin Pieckenhagen Toppmöller und riet seinen schwächelnden Kollegen, sich den Namen Klaus Toppmöller auf die „Visitenkarten drucken zu lassen – dass wir auch den abgesägt haben“.

Nun soll Ex-HSVer und Regionalliga-Coach Thomas Doll den Trainingsbetrieb übernehmen. Mit dieser Entscheidung versucht der HSV ähnlich wie Bremen auf einen Trainer zu setzen, der sich vollständig mit dem Verein identifiziert. Doll hatte in Zusammenarbeit mit Beiersdorfer die HSV-Amateure innerhalb von zwei Jahren vom Abstiegskandidaten zu einer Spitzenmannschaft geformt. Nun sollen diese Entwicklungen auch bei den Profis greifen. „Er bringt Leidenschaft mit und ist eine Identifikationsfigur. Wer da nicht mitzieht, wird auf die Tribüne gesetzt“, erklärte Beiersdorfer.

Klaus Toppmöller hingegen muss erleben, dass sein Name derzeit alles andere als angesagt ist. Jüngst hatte sich schon seine singende Tochter Sarah Nina entschlossen, auf ihren Geburtsnamen zu verzichten und sich lieber als „Zaranina“ einen Namen im Popbiz zu machen.

OKE GÖTTLICH, MATTI LIESKE