Unbestechlich und weltlich

Neuenfelder Kirche will ihr Grundstück nicht für Airbus hergeben. Kirchenvorstand bezweifelt Arbeitsplatzargument und beruft sich auf Urteil des Oberverwaltungsgerichts

Die Kirchengemeinde St. Pankratius zu Neuenfelde gedenkt nicht, ein ihr gehörendes Grundstück zum Frommen der Airbus-Erweiterung an die Stadt zu verkaufen. Diesen Beschluss des Kirchenvorstandes von Montagabend erläuterte dessen Vorsitzender, Pastor Ralf Jenett, gestern in einer umfangreichen Pressemitteilung. Zugleich erklärte er die Bereitschaft des Gremiums, mit Bürgermeister Ole von Beust (CDU) „ein klärendes Gespräch zu führen“.

Der Kirchenvorstand begründet seine Haltung mit dem Beschluss des Hamburger Oberverwaltungsgerichts (OVG) vom 10. August. Das hatte auf Klage von zehn Grundstückseigentümern die behauptete Gemeinnützigkeit der Pistenverlängerung verneint, einen Baustopp verhängt und zugleich die angedrohte Enteignung verkaufsunwilliger Eigentümer untersagt. „Urteile unbestechlicher Richter“, so der Kirchenvorstand nun, „verdienen im Rechtsstaat Respekt und Beachtung.“ Das Gremium wolle jedoch „nicht Politik machen, sondern beugt sich in weltlichen Dingen dem Urteil der weltlichen Richter“.

Der Gemeinde gehört ein etwa 2.000 Quadratmeter großes Grundstück, welches für die Verlängerung der Start- und Landebahn des Airbus-Werkes Finkenwerder benötigt wird. Der Konzern erwartet vom Senat ultimativ bis Ende dieses Monats Planungssicherheit für den Ausbau. Anderenfalls würde ein vorgesehenes Auslieferungszentrum für den Riesenjet A380 nicht in Finkenwerder, sondern im französischen Toulouse errichtet werden. Neben der Kirche verweigern bislang fünf weitere Eigentümer den Verkauf ihres Grund und Bodens.

Die Neuenfelder Kirche bekräftigt jedoch ihre Skepsis gegenüber der Behauptung von Senat und Konzern, dass der abermalige Werksausbau Arbeitsplätze „schüfe oder sicherte“. Dies sei „eine weit verbreitete Hoffnung, die nüchterner Prüfung bislang nicht standhält“, schreibt der Vorstand unter Berufung auf das OVG. Denn dieses habe alle Argumente geprüft – und verworfen.

Ein Einlenken kann sich der Kirchenvorstand nur vorstellen, wenn ohne das Gemeindeland „nachweislich viele Menschen aus klarer Sachnotwendigkeit um ihre Arbeitsplätze gebracht würden“. In einem solchen Fall wäre das Grundstück „für diese Arbeitsplätze herzugeben“.

In der Senatskanzlei würden jetzt die vom Kirchenvorstand vorgelegten Argumente „geprüft“, erklärte von Beusts Christian Schnee gegenüber der taz. Der Bürgermeister „dankt“ zugleich für das Gesprächsangebot der Kirche. Es sei davon auszugehen, dass er der „Einladung kurzfristig folgt“. Bislang lehnt von Beust jedoch eine öffentliche Diskussion in Neuenfelde ab und setzt stattdessen auf „Einzelgespräche“ mit den Widerspenstigen. sven-michael veit