: Kurzarbeiter studieren für lau
Immer mehr Arbeitnehmer landen in Kurzarbeit. Förderprogramme sollen nun den unfreiwilligen Lohnverzicht ausgleichen: Weiterbildung statt Freizeit heißt die Chance
In Hamburg werden bei der Bundesagentur für Arbeit in enormem Tempo immer mehr Arbeitnehmer für Kurzarbeit angezeigt: Pressemitteilungen mit aktuellen Zahlen verfallen nahezu zeitgleich mit ihrem Erscheinen. Noch am 23. März warb die gemeinnützige Northern Business School (NBS) für Fortbildungsangebote für Berufstätige in Kurzarbeit und nannte 15.000 gemeldete Betroffene. Die Zahlen waren korrekt, jedoch teilte Rolf Steil, Leiter der Agentur für Arbeit Hamburg, diese Woche im Wirtschaftsausschuss der Bürgerschaft mit: Jetzt sind es 25.000. Am 18. November 2008 zählte man noch 513 Kurzarbeiter in ganz Hamburg.
Die NBS mit Sitz in Hamburg ist einer von vielen Akteuren, die auf diesem wachsenden „Markt“ Weiterqualifizierungen anbieten. Betroffene können sich hier auf akademischem Niveau fortbilden: Neben den Studiengängen BWL, Handels- und Logistikmanagement, Tourismus und Ingenieurswissenschaften für Metall und Elektro, ist sogar Coffeemanagement im Angebot – weltweit nur in der Hansestadt studierbar, mit freundlicher Unterstützung des Deutschen Kaffeeverbands. Firmen, die ihre Kurzarbeiter nicht aufs Sofa schicken wollen, können sich die Kosten von der Bundesagentur für Arbeit erstatten lassen.
„Die unfreiwilligen Freiräume“, sagt NBS-Geschäftsführer Mirko Knappe, sollten genutzt werden, um in „die eigene berufliche Zukunft zu investieren“. Am kommenden Donnerstag soll mit der Arbeitsagentur vereinbart werden, wie sich betroffene Arbeitnehmer die Angebote auch selbst aussuchen und fördern lassen können.
Schon jetzt übernimmt die Arbeitsagentur die Weiterbildungskosten und beteiligt sich an den Sozialversicherungskosten von Mitarbeitern, deren Arbeitspensum gedrosselt wird. 50 Millionen Euro stellt das Konjunkturpaket II der Bundesregierung dafür bereit. Da Angebote maximal für ein Jahr gefördert werden, sollen die Studienmodule in der NBS in maximal zwei Semestern zu schaffen sein.
Da in der gemeinnützigen Hochschuleinrichtung eine Stunde schlappe 4,11 Euro kostet, Professoren inklusive, zahlt ein Vollzeitstudent nur etwa 280 Euro im Monat. „Für unsere Studenten in Kurzarbeit wurden alle Veranstaltungen auf Freitag- und Samstagabend gelegt“, sagt Geschäftsführer Knappe. MJK