: An Westfälischen genesen
Die „Westfalen-Initiative“ möchte eine gemeinsame Identität von Ostwestfalen und östlichen Ruhrgebietlern fördern. Der Ruhrstadtgedanke ist für sie eine unsinnige Kopfgeburt
VON KLAUS JANSEN
„Der leichtlebige Rheinländer und der verschlossene, aber zuverlässige Westfale – da ist was dran“, sagt Reinhard Pingel. Und weil er das so sieht, möchte das Vorstandsmitglied der so genannten „Westfalen-Initiative“ die gemeinsame Identität der Menschen von Bochum über Dortmund bis nach Münster und Paderborn stärken – durch Kulturveranstaltungen, Stärkung von Hochschulen und, nicht zuletzt, politischer Lobbyarbeit.
„Die Region Westfalen ist eine landschaftliche und geschichtliche Einheit“, sagt Pingel. Schließlich sei man lange Zeit preußische Provinz gewesen, getrennt auch von den Rheinländern, mit denen man nun in einem Bundesland lebt. „Die Rheinländer hatten die Bundes- und haben die Landeshauptstadt, dem muss Westfalen etwas entgegen setzen“, sagt Pingel. Und weil eine Verschmelzung der Kommunen von Duisburg bis Dortmund zu einer gemeinsamen Ruhrstadt West-Westfalen und Ost-Westfalen spalten könnte, lehnt Pingel sie ab: „Man soll keine neuen Grenzen schaffen und einen Zirkel um eine Region Ruhrgebiet ziehen, die es so nicht gibt“, sagt er.
Das Geld für den Kampf um die gesamtwestfälische Identität hat die Initiative geerbt: 15 Millionen Euro hat ein Münsteraner Unternehmer der Stiftung im Jahr 1998 vermacht. Davon finanziert worden sind Regionalentwicklungs-, Bildungs- und Sozialprojekte – aber auch ein umstrittenes 200 Seiten starkes Gutachten, das der Landesregierung von einer großen Verwaltungsstrukturreform und der Schaffung einer einheitlichen Bezirksregierung für das Ruhrgebiet abrät. „Verwaltungsreformen müssen gewachsene regionale Identitäten berücksichtigen“, heißt es dort – eine Absage an die Reformbemühungen von CDU und SPD im Düsseldorfer Landtag (siehe Kasten).
„Wir sind weder ein Separatistenclub noch ein Heimatverein“, verteidigt Geschäftsführer Niels Lange die Lobbyarbeit. Die Stärkung des westfälischen Gedankens habe nichts mit Grünkohl und Kiepenkerlen zu tun. „Durch Identifikation mit der Region fördert man bürgerschaftliches Engagement. Das geht hin zu einer neuen Politik,“ findet Lange.
Dennoch wird die Initiative von Ruhrgebietspolitikern mit Skepsis beäugt. „Die führen einen anachronistischen Kampf aus der Zeit der preußischen Provinz“, sagt der Essener Landtagsabgeordnete Thomas Rommelspacher (Grüne). „Das ist absolut rückwärts gewandt“, findet er. Auch Norbert Lammert, Chef der Ruhrgebiets-CDU, sieht Dortmund emotional und kulturell näher an Duisburg als an Lippstadt. „Fragen sie doch mal die Leute auf Mallorca – die sagen alle, ich bin aus dem Ruhrgebiet.“