bushs irakpolitik
: Konflikt ohne Ausweg

Die US-Regierung will zum nächsten Frühjahr einen bedeutenden Teil ihrer Truppen aus dem Irak zurückziehen. Das hat zumindest der Vizegeneralstabschef der US-Armee angekündigt, und es passt in die innenpolitische Dynamik der US-amerikanischen Irakdebatte. Denn die Forderung, die Truppen nach Hause zu bringen, wird mit jedem getöteten US-Soldaten populärer. Der Abschuss des US-Hubschraubers vor einigen Tagen erinnert zudem an den 1993 gescheiterten Einsatz in Somalia, das die US-Truppen daraufhin wieder verließen.

Kommentarvon BERND PICKERT

Der Vergleich hinkt, denn die US-Interessen im Irak sind ungleich stärker, als sie es in Somalia je waren. Und: Die US-Truppen werden, anders als in Somalia, den Irak nicht verlassen, ohne verlässliche Statthalter zu installieren.

Das wiederum hat Tradition: 1933 etwa zogen sich die Marines aus Nicaragua zurück, da Augusto Cesar Sandinos sie in einem jahrelangen Guerillakrieg zermürbte. Die USA überließen das Land der eigens gegründeten Guardia Nacional unter General Somoza – und es entstand eine fast 50 Jahre andauernde brutale Diktaturdynastie. 40 Jahre später, 1973, „vietnamisierten“ die USA mit dem Truppenabzug den Vietnamkrieg. Das Sterben ging weiter, doch die US-Soldaten waren aus der Schusslinie.

Die derzeitige Situation im Irak ist für die US-Regierung fast ohne Ausweg. Werden weiter täglich US-Soldaten getötet, dann wird die Frage nach dem Sinn des Krieges immer lauter, Bushs Wiederwahl immer stärker gefährdet. Ziehen die USA verfrüht aus dem Irak ab, sehen sie sich dem berechtigten Vorwurf ausgesetzt, die Konsequenzen ihres völkerrechtswidrigen Krieges zu scheuen. Die Opfer wären ein weiteres Mal die Iraker.

Die Bush-Regierung stellt sich vor, selbst die politischen Zügel in der Hand zu behalten, das Sicherheitsrisiko jedoch umzuverteilen. Wenn überhaupt, geht es höchstens andersherum. Solange die politische Macht im Irak ausschließlich von Washingtons Gnaden ist, so lange werden auch neue nationale irakische Sicherheitskräfte als verlängerter Arm der Besatzer gesehen werden, statt wichtiger Faktor eines neuen Nation Buildings zu sein. Auch alle Aufrufe aus Washington, die internationale Gemeinschaft solle sich beteiligen, weisen so lange in die falsche Richtung, wie die USA die Entscheidungsgewalt beim politischen Wiederaufbau für sich selbst beanspruchen. Ein verfrühter Abzug machte alles nur noch schlimmer.