Attendorn will Rockstar werden

In der sauerländischen Provinz soll eine Multifunktionshalle mit Kino gebaut werden – fürRock-Konzerte, Kongresse und Sport-Events. Ein privater Investor stiftet rund 15 Millionen Euro

Bei uns hier auf‘m Land ist ja immer ein bisschen tot

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Attendorn, malerische Provinz im tiefsten Sauerland. Außer viel Grün und Gras hat die Stadt bislang vor allem eines zu bieten: die Attahöhle, ein unterirdisches Tropfstein-Gewölbe. Doch das reicht den Attendornern nicht. Deshalb soll die 25.000 Einwohner-Stadt im kommenden Jahr eine Multifunktionshalle mit Kino erhalten. Finanziert wird das merkwürdige Projekt von einem privaten Investor. Karl-Heinz Beul, Chef des Attendorner Armaturen-Herstellers Beulco, will rund 15 Millionen für den Bau locker machen. Warum? Beul sagt: „Bei uns auf‘m Land ist ja immer ein bisschen tot.“

Das soll sich mit der voraussichtlich rund 4.000 Menschen fassenden Halle schlagartig ändern. Beul, der schon Gesellschafter der SchalkeArena und Mitglied des Schalker Aufsichtrats ist, schweben verschiedene Möglichkeiten vor, die Halle zu beleben: „Das kann Heavy Metal sein, aber auch Deutschpop, Schlager oder Volksmusik“, sagt er. Oder Kongresse, „ein hochkarätiges Fußballturnier“. Um Zweifel an dem Projekt gleich auszuräumen, ziehen Beul und sein Projektleiter Lothar Sabisch gerne die Machbarkeitsstudie heran, die vom Institut für Sportstättenberatung in Bad Münstereifel eigens erstellt wurde. Demnach „trägt sich das Ding in Attendorn“, sagt Beul.

Dennoch: Nicht alle Sauerländer sind so überzeugt wie der 39-jährige Unternehmer. Ralf Warias von der FDP ist noch zwiegespalten. „Ich tue mich schwer, zu glauben, dass bald Rockkonzerte in Attendorn stattfinden“, sagt der Freidemokrat. Außerdem würden Veranstaltungen aus der Stadthalle „abgezogen“, einer Halle, die erst vor wenigen Jahren saniert worden sei. Doch das sind nicht die einzigen Probleme, die Warias plagen: Der FDP-Mann befürchtet, dass auf die Stadt Kosten zukommen werden, um die entsprechende Infrastruktur herzustellen. „Auch wenn das restliche Risiko ja der Investor trägt“, sagt Warias.

Dieser Aspekt ist es auch, der es anderen Fraktionen im Attendorner Rathaus erleichtert, an die Tragbarkeit des Projekts zu glauben. „Die SPD steht voll und ganz dahinter“, sagt Jürgen Meise, Fraktionsvorsitzender der Sozialdemokraten. Die Halle bedeute in jedem Fall eine „Attraktivitäts-Steigerung“ für die Stadt. Außerdem seien Bands wie „BAP und Fury in the . . . wie heißen die noch?“ schon mal in Attendorn gewesen. Ob sich die Halle letztlich rentiere, sei aber eine Frage, die sich der Investor stellen müsse. „Das ist ja das Schöne daran“, sagt Meise.

Auch Markus Greitemann von der CDU kann sich angesichts der gesicherten Finanzierung beruhigt zurücklehnen. Er rühmt das Projekt als das „Beste, was Attendorn passieren kann.“ Greitemann sieht die Chancen dabei nicht im Rock, sondern in Kongressen. „Hier wird noch hart und ehrlich gearbeitet“, sagt er. Überdies biete die Region mit all ihren europäisch aktiven Firmen viel Potential.

Dass sich im Umland, im Ruhrgebiet, in Köln oder Siegen etliche Hallen finden, die nicht gerade im Geld schwimmen, schockt Investor Beul wenig. Er denkt sogar noch weiter: Neben dem Kinokomplex, dem ersten in Attendorn, denke er über ein Hotel nach. Dann werde sich die Halle besonders lohnen, weiß Beul. Na klar: Rocker müssen schließlich auch mal schlafen.