„Business as usual“ vor dem Start von Hartz IV

Agentur für Arbeit und Sozialamt in Köln sind zufrieden: Die Erfassung der Anträge für Arbeitslosengeld II laufe reibungslos. Laut KALZ fühlen sich allerdings einige Betroffene beim Ausfüllen der Fragebögen unter Druck gesetzt

Köln taz ■ In den kommenden Wochen haben das Kölner Sozialamt und die Agentur für Arbeit (AA) eine riesige Datenmenge zu bewältigen. Am Montag haben sie begonnen, die Datensätze von insgesamt 58.000 Anträgen auf Arbeitslosengeld II (ALG II) in die neue Software „A2LL“ einzugeben. Dabei haben sich die Befürchtungen mancher Kritiker, das kaum getestete Computerprogramm werde womöglich unter der Datenflut zusammenbrechen, offenbar nicht bewahrheitet. Laut Kirsten Singer, Pressesprecherin der Kölner AA, hat die Einführung „tadellos geklappt“.

Bei der AA sind seitdem 36 Mitarbeiter ausschließlich mit der Eingabe der Daten befasst, bis Ende nächster Woche soll ihre Zahl auf 50 erhöht werden. Bis Mitte Dezember müssen sie rund 29.000 Anträge von bisherigen Arbeitslosenhilfeempfängern eingeben, für die die AA zuständig ist. Das sei gut zu schaffen, meint Singer, zumal 80 Prozent der Anträge bereits ausgefüllt vorlägen. Seit Juli und noch bis Mitte November werden die umstrittenen Fragebögen verschickt. Laut Singer bekommen die Angeschriebenen dann nach etwa zwei Wochen einen Gesprächstermin beim AA, bei dem sie den Bogen abgeben müssen und sich mit ihrem Bearbeiter besprechen können.

Das Kölner Arbeitslosenzentrum (KALZ) hat allerdings auch einige Klagen gehört von Leuten, die die Frist zur Abgabe des Antragsformulars schon vor dem Formular selbst bekommen haben. „Da haben manche schon Angst, dass sie unter Druck gesetzt werden, damit sie schnell abgeben“, sagt Hedel Wenner, Sozialberaterin im KALZ.

Auch beim Sozialamt hat es schon Ärger gegeben. Dort ist man für die 29.000 Anträge der bisherigen Sozialhilfeempfängern zuständig. Diese wurden und werden ebenfalls seit Juli zum Gespräch gebeten, um den Fragebogen zu besprechen. Den hat der Sachbearbeiter dann schon zu 80 Prozent selbst ausgefüllt, wie Amtsleiter Stephan Santelmann erzählt. Damit seien jedoch einige „Kunden“ nicht einverstanden, weil sie einzelne Punkte anders beurteilten oder „sich bevormundet fühlen“, erzählt Wenner.

Santelmann dagegen argumentiert, dass man die Betroffenen oft seit Jahren kenne und die meisten Daten ohnehin bekannt seien. Mit dem Vorausfüllen der Fragebögen ersparten sich die Sachbearbeiter einfach eine Menge Zeit. „Das ist schon ein enormer Aufwand“, sagt Santelmann mit Blick auf die Datenmengen, die seine 50 Mitarbeiter bis Mitte Dezember noch eingeben müssen.

Insgesamt aber sind beide, AA und Sozialamt, zuversichtlich, dass sie bis dahin alle „Kundendaten“ erfasst haben. Wer dann ab Januar Anspruch auf ALG-II hat, „rechnet die Software automatisch aus“, erklärt Singer. Vorher müssen allerdings noch letzte Details von Hartz IV, etwa zur Anrechnung von Erspartem, festgelegt werden.

Was Kölns Sozialhilfeempfänger angeht, rechnet Santelmann aber auf jeden Fall damit, dass sie „zu 100 Prozent“ auch ALG-II bekommen werden. „Bei der Arbeitslosenhilfe schätzt man, dass 10 bis 15 Prozent der bisher Anspruchsberechtigten rausfallen“, sagt er. Das Kölner Arbeitslosenzentrum warnte allerdings schon mehrfach, mehr als 50 Prozent der bisherigen Arbeitslosenhilfeempfänger würden weniger oder gar kein Geld mehr vom Amt bekommen.

Susanne Gannott