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Schweres Erdbeben in Japan

Im Nordwesten des Landes kommen 21 Menschen ums Leben, 1.800 werden verletzt. Die wegen der zahlreichen Wirbelstürme aufgeweichte Erde ist eine zusätzliche Gefahr

TOKIO taz ■ Der Nordwesten Japans ist von einem schweren Erdbeben erschüttert worden. Mit einer Stärke von 6,8 auf der Richterskala war es eines der stärksten seit Jahren. Nach Angaben des öffentlich-rechtlichen Senders NHK wurden bis Sonntagabend 21 Menschen tot geborgen, darunter fünf Kinder. 1.800 Personen ließen sich ärztlich behandeln.

Das Beben brachte Hänge ins Rutschen, wodurch Häuser komplett zerstört wurden. Straßen wurden aufgeschlitzt, und Bahntrassen brachen ein. Hunderte von Menschen in der Provinz Niigata, rund 250 Kilometer nördlich der Hauptstadt Tokio, wurden durch herunterstürzende Gegenstände verletzt. Aus Angst vor Nachbeben suchten mehr als 60.000 Menschen in öffentlichen Gebäuden Schutz, andere übernachteten bei Temperaturen von fünf Grad im Freien oder in Autos. Die Strom- und Wasserversorgung war unterbrochen, im Fernsehen klagten Betroffene über ungenügende Versorgung mit Decken und Lebensmitteln. In einzelnen Kliniken gab es Engpässe bei Medikamenten.

Die Lokomotive eines Hochgeschwindigkeitszuges, der in der Nähe des Epizentrums vorbeiraste, wurde aus den Schienen geworfen. Dabei sei niemand verletzt worden. Nach Angaben der Bahn war es der erste derartige Vorfall seit Inbetriebnahme der Shinkansen-Züge 1964, deren Geleise auf Stelzen geführt werden, die Erschütterungen stand halten sollten. Spürbar war das Beben auch in Tokio; in Hochhäusern blieben Fahrstühle stecken. Seismologen mutmaßten, ein Beben von gleicher Stärke hätte in der Hauptstadt 7.000 Menschen getötet.

Japan zählt zu den seismisch aktivsten Regionen der Welt mit durchschnittlich 1.000 Beben jährlich, die spürbar sind. Die meisten verursachen nur geringfügige Schäden. Bei einem der schlimmsten Beben der jüngeren Vergangenheit wurden 1995 in Kobe 6.400 Menschen getötet.

Das Hauptbeben im Nordwesten Japans ereignete sich am Samstagabend kurz vor 18 Uhr. Bis zum späten Sonntagnachmittag wurden 250 Nachbeben gezählt. Meteorologen warnten am Sonntag vor weiteren Schäden, da die Erde durch die ungewöhnlich hohe Zahl von Wirbelstürmen der vergangenen Wochen aufgeweicht sei. Zudem werden für die nächsten Tage weitere Niederschläge vorausgesagt. Der Taifun „Tokage“, der vor einigen Tagen über Japan zog, tötete 80 Menschen, mehrheitlich ältere. Die für ein hoch entwickeltes Land ungewöhnlich hohe Opferzahl führte zu Kritik am Katastrophenmanagement der Behörden. Gefährdete Regionen seien nicht frühzeitig genug evakuiert worden. Personen wurden auf dem Weg in Schutzunterkünfte verletzt oder gar getötet. Im Unterschied zu Erdbeben kann der Verlauf von Wirbelstürmen relativ genau vorhergesagt werden. Experten empfehlen der Regierung dringend, die Katastrophenprävention grundsätzlich zu überarbeiten.

Premierminister Junichiro Koizumi sagte gestern, er beabsichtige, für den Wiederaufbau der vom Erdbeben verwüsteten Gebiete zusätzliche Gelder bereitzustellen. Der Regierungschef setzte ein Katastrophenteam ein, das die Rettungsarbeiten koordinieren soll.

MARCO KAUFFMANN

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