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Archiv-Artikel

Weniger neues und teures Spielzeug für US-Militärs

Verteidigungsminister Gates verwirft George W. Bushs Aufrüstungspläne und will mehr in Personal investieren

BERLIN taz ■ Es kam, wie es kommen musste: Kaum ist die neue US-Regierung im Amt, zeigt sich bei der Aufstellung des Verteidigungshaushalts, dass die Streitkräfteplanung der Regierung Bush nicht zu finanzieren ist. Zwar steht eine gewaltige Summe, 686 Milliarden US-Dollar, zur Verfügung. Aber sie reicht nicht, um alle geplanten Waffenprogramme weiterzuführen und zugleich im Irak, in Afghanistan und global gegen den Terrorismus zu Felde zu ziehen.

Verteidigungsminister Gates muss die Notbremse ziehen und zugleich erste Weichen für die Zukunft stellen. Denn schon bald muss er dem Kongress eine neue Streitkräfteplanung, einen neuen Quadrennial Defense Review, vorlegen. Gates versuchte sich an der Quadratur des Kreises und stellte erste Entscheidungen vor: mehr Geld fürs Personal, die eingesetzten Truppen und deren Ausrüstung, Verschiebungen und Streichungen bei prestigeträchtigen Waffensystemen und eine deutliche Kehrtwende.

Erheblich mehr Geld will das Pentagon für Personal ausgeben. Der Sold wird erhöht, zusätzliche Soldaten werden eingestellt, die Ausgaben für medizinische Versorgung und Forschung werden erhöht, und zusätzliche Ausrüstung, etwa geschützte Fahrzeuge und Aufklärungsdrohnen, für die laufenden Einsätze und Kriege sollen beschafft werden.

Deswegen muss anderswo gespart werden. Zum Beispiel bei der Raketenabwehr: In Alaska sollen keine weiteren Abfangraketen aufgestellt werden, die Entwicklung von Mehrfachabfangköpfen für diese Raketen wird eingestellt, und der zweite Jumbo-Jet mit luftgestützter Laserkanone wird nicht angeschafft.

Gespart wird auch bei der Luftwaffe. Sie muss auf den Entwicklungsbeginn für einen neuen Bomber verzichten, die Beschaffungsprogramme für das Kampfflugzeug F-22 Raptor und den C-17-Transporter werden eingefroren. Die Marine muss Einschnitte bei neuen Zerstörern, Kreuzern und Hubschrauberträgern hinnehmen. Beim Heer wird das 200 Milliarden Dollar teure Future Combat System, bestehend aus 14 verschiedenen Fahrzeugen und deren Computervernetzung, vorläufig eingestellt und grundlegend überprüft.

Gates ist entschlossen, die Pentagon-Ausgaben stärker an den laufenden Kriegseinsätzen als an hypothetischen Bedrohungsszenarien auszurichten. Etwa 10 Prozent seines Budgets will er für die „irreguläre Kriegsführung“ ausgeben, 50 Prozent für die traditionelle Kriegsführung und 40 Prozent für Fähigkeiten, die in beiden Szenarien genutzt werden können.

Bei vielen Streichungen und den Mehrausgaben fürs Personal hat Gates die Unterstützung Obamas: „Ich nehme die Wahlmöglichkeit zwischen den Investitionen, die darauf ausgerichtet sind, die Sicherheit der Amerikaner zu erhalten, und Investitionen, die darauf ausgerichtet sind, die Rüstungsindustrie reich zu machen, zur Kenntnis,“ sagte dieser im März. Konsequenterweise verzichtete er auf ein teures Prestigeprojekt. Der neue Präsidentenhubschrauber VH-71, geschätzter Gesamtpreis 13 Milliarden Dollar für 23 Hubschrauber, wird nicht gebaut.

Mit den Privatisierungen im Beschaffungswesen ist es vorbei. Gates will 30.000 neue Regierungsmitarbeiter einstellen, weil das effizienter und kostengünstiger sei. OTFRIED NASSAUER

Der Autor ist freier Journalist und leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit – BITS