Logologie (5) : Dahingemäht
Was früher das Wappen war, ist heute das Logo. Designern gilt es als Königsdisziplin - Grund genug für die taz, Logos aus Bremen und umzu in einer Serie unter die Lupe zu nehmen.
Eine leicht gekrümmte Linie, die nach rechts bis zu ihrem Scheitelpunkt ansteigt – und dann senkrecht zur Erde stürzt: Das Logo der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg seziert seinen Inhalt mit der Genauigkeit eines Chirurgen. Minutiös wird der Ortsname von Namensgeber und Institutionsbezeichnung getrennt. Die Stadt Oldenburg – auch im Uni-Logo im provinziellen Abseits?
Das alte Logo nahm diese Wertung nicht vor: Der einheitliche Schrifttyp ließ die Worte Universität und Oldenburg gleichberechtigt wirken. Darüber prangte die Originalsignatur Carl von Ossietzkys, quasi als Garantie für unzensierte Forschung und freiheitliche Charakterentfaltung. Inoffizielles Logo der Oldenburger Uni blieb allerdings die Friedenstaube (ein Motiv von Picasso). Sie schwebte am höchsten Turm der Uni noch über dem offiziellen Logo und hielt von dort ihre schützenden Schwingen über die Studierendenschaft.
Diese Verbildlichung universitärer Nestwärme findet sich im neuen Design nicht wieder. Angelehnt ist es an der charakteristischen Konturlinie des neuen Hörsaalgebäudes mit den harten Holzsitzen. Außerhalb von Oldenburg kennt das niemand. Und deshalb sucht jeder sofort nach der zweiten tieferen Bedeutung des Logos: Nicht von ungefähr hat der frühere Leiter der künstlerischen Werkstätten der Universität, Klaus Beilstein, die zentrale Strichzeichnung als „Sense“ bezeichnet. Niedersachsen kürzt 40 Mio. Euro im Hochschul-Etat. Oldenburg muss gut 2. Mio Euro einsparen. „Ssssit!“ fährt die Sense in das Ährenfeld des akademischen Nachwuches und streckt die Diplomstudiengänge Sozialwissenschaften und Psychologie nieder. Außerdem wurden durch die Einführung von Studiengebühren im letzten Semester 1.400 hochgeschossene Langzeitstudenten abgemäht. Das neue „Corporate Design“ ist eine Warnung an die Strickpulliträger und Kräuterteetrinker unter den Oldenburger Studis, sich noch wärmer anzuziehen. Nur gut, dass die sich nichts gefallen lassen: Als die Uni für das neue Logo die Friedenstaube entfernen lies, pinselten die Studis wieder eine – wenn auch geschrumpfte – Version darunter. Tim Ackermann