piwik no script img

Archiv-Artikel

Rechte Bande

Wolfsburg pflegt Partnerschaft mit von Rechtsextremen regiertem Marignane. CDU-Ratsherr beschimpft italienische Mitbürger als „Kanaken“

Der Bürgermeister: „Ich muss mich wohl bei den Kanaken entschuldigen.“

von KAI SCHÖNEBERG

Die CDU hat nicht nur den Fall Martin Hohmann. Auch der Wolfsburger CDU-Ratsherr Benno Klett zeigte unlängst, wie unverfangen das Verhältnis der Union zum rechtsextremen Gedankengut sein kann. Und wie schnell sich dieses auch einmal in einem flotten Spruch äußert: „Haut ab, ihr Kanaken“, hatte Klett am Donnerstag vergangener Woche einer Gruppe von Demonstranten aus IG Metall- und SPD-Mitgliedern vor dem Wolfsburger Rathaus zugerufen. Gemeint hatte der CDU-Politiker mitprotestierende Italiener. „Die taten so, als würden sie kein Wort verstehen, als kämen sie aus der Südsee“, erklärte Klett später. Ihm sei „halt der Kragen geplatzt“.

Nicht nur, dass in Wolfburg 6.000 Italiener leben. Auch der Anlass der Demonstration zeigt, wie dünn der Unterschied zwischen Union und Ultrarechten bisweilen sein kann. Die Stadt Wolfsburg hat nämlich wieder offizielle Beziehungen zu Marignane aufgenommen, einer 40.000 Einwohner zählenden Stadt in der französischen Provence. Marignane ist seit 1963 Partnerstadt von Wolfsburg. Deren Bürgermeister heißt derzeit Daniel Simonpièri, war erst Mitglied der rechtsextremen Front National (FN) und dann einer FN-Abspaltung, des Mouvement National Républicain. Auch eine Delegation der deutschen NPD soll er schon in Marignane empfangen haben. Deshalb hatte der damals noch SPD-dominierte Wolfsburger Stadtrat 1997 die offiziellen Beziehungen in die Provence aufgekündigt.

Seit den Kommunalwahlen 2001 regiert jedoch Oberbürgermeister Rolf Schnellecke (CDU) in Wolfsburg. Und so entschieden CDU, FDP und das Bürgerbündnis Parteipolitisch Unabhängige Gemeinschaft, die Städtepartnerschaft wieder aufleben zu lassen.

„Wir haben keinen Anlass, an der demokratischen Situation in Marignane zu zweifeln“, betont ein Rathaus-Sprecher. Bei einem fünftägigen Besuch einer Delegation aus Marignane sollten die alten Bande wieder geknüpft werden. Das empörte die Opposition aus SPD und Grünen. Beim Empfang der Marignaner im Rathaus kam es zur Demonstration – und zu Kletts Entgleisung. „Am 1. Mai ist Simonpièri noch mit Le Pen bei einer Veranstaltung aufgetreten“, wütet SPD-Fraktionschef Ralf Krüger. Durch das Wiederaufleben der Städtepartnerschaft halte die CDU „mal wieder nicht die notwendige Distanz zu rechtsradikalen Politikern“. Es reiche nicht, dass sich Klett am Mittwoch im Rat unter Tränen entschuldigt habe. Auch, dass sich Oberbürgermeiser Schnellecke vom Aussetzer seines Ratsherrn distanzierte, besänftigt kaum. Krüger meint: „Nur ein Rücktritt Kletts kann richtig sein.“ Davon will der jedoch nichts wissen.

Inzwischen hat der CDU-Mann sogar noch einen draufgelegt. In einem Schreiben an die „Wolfsburger Allgemeine Zeitung“ erklärte Klett: „Dass ich im Zorn von Kanaken sprach, war völlig falsch und deplatziert. Denn wie bekannt nennen sich die Eingeborenen von Polynesien Kanaka (Mensch). (...) Ich werde mich wohl bei den Kanaken entschuldigen müssen.“ Klett war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.