: Fulda ist mächtig und die Mehrheit knapp
Hessens CDU-Chef Koch will sofort den Parteiausschluss einleiten. Das könnte ihn im Landtag in die Bredouille bringen
WIESBADEN taz ■ Für Martin Hohmann ist nach dem Ausschluss vor dem Ausschluss. Dem aus der Partei nämlich. Bei einem Bundestagsabgeordneten ist dafür der Landesverband der Union zuständig, im Fall Hohmann also der hessische. Dessen Vorsitzender, der hessische Ministerpräsident Roland Koch, ist zum sofortigen Vollzug bereit – trotz der spontanen Austrittsankündigungen von Hohmann-Sympathisanten auf der Homepage der hessischen Union.
Er wolle beim Landesvorstand umgehend einen Beschluss beantragen, so dass ein Parteiausschlussverfahren noch in diesem Monat eingeleitet werden könne, sagte der Ministerpräsident gestern. Die vielen Gegenstimmen und Enthaltungen bei der Abstimmung über den Fraktionsausschluss wollten allerdings weder Koch noch der Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Michael Brand, kommentieren.
Zu Wort meldete sich dagegen der CDU-Oberbürgermeister von Fulda, Gerhard Möller. Lapidar wies er auf die Ergebnisse für die CDU in den beiden Wahlkreisen Fulda I und Fulda II von knapp 70 Prozent bei den letzten Landtagswahlen hin und stellte fest, dass die Führung der hessischen Union Wählern und Parteimitgliedern in der Region jetzt „einiges zu erklären“ habe.
Diese Wähler seien „wertkonservativ, aber nicht antiseminitsch“, so der stellvertredende Vorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, Walter Arnold. Tatsächlich sorgten gerade die Spitzenergebnisse in diesen beiden Wahlkreisen dafür, dass die CDU bei den Landtagswahlen im Februar eine knappe absolute Mehrheit erringen konnte. Die ist im Wiesbadener Landtag allerdings so hauchdünn (56 zu 54), dass sich Koch keine lange Fehde etwa mit den Landtagsabgeordneten aus den beiden osthessischen Wahlkreisen erlauben kann.
Doch genau das könnte passieren. Arnold nämlich stellte Hohmann schon in der vergangenen Woche einen Persilschein aus: „Der Mann ist kein Antisemit.“ Dass es bei den Fuldaer Parteifreunden wegen des Ausschlussverfahrens gegen Hohmann großes „Gegrummel“ gebe, hatte Kochs Sprecher Dirk Metz bereits vor dem Fraktionsausschluss eingeräumt. „Der Unmut ist mit den Händen zu greifen“, sagt gestern Fritz Kramer, der CDU-Kreisvorsitzende von Fulda. „Die Stimmung ist entrüstet bis entsetzt.“ Er rechnet mit Austritten. Viele Parteifreunde könnten nicht verstehen, dass Hohmann keine zweite Chance erhalte, so Kramer.
Der Unmut könnte noch länger Nahrung bekommen, vor allem, wenn sich das Ausschlussverfahren hinzieht. Es könnte im „im Extremfall über Jahre dauern“, warnte auch Dirk Metz. Sollte das Landesparteigericht einem Antrag auf Parteiausschluss stattgeben, kann Hohmann das durch zwei Instanzen anzufechten versuchen. Erst beim Bundesparteigericht der CDU, dann vor einem ordentlichen Gericht.
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT