Jugendliche parken am Arbeitsrand

Viele Jugendliche arbeiten schon vor Einführung der Hartz IV-Gesetze in „Ein-Euro-Jobs“. Die Arbeitsgelegenheiten sollen den Jugendlichen Selbstbewusstsein zurückbringen, ohne den ersten Arbeitsmarkt zu beeinflussen

SIEGEN taz ■ Die „Neue Arbeit Siegerland“ verschafft Jugendlichen, die bisher von Arbeitslosenhilfe leben, ein zusätzliches Taschengeld. Im Vorgriff auf die ab Januar nächsten Jahres in Kraft tretenden Hartz IV-Gesetze verschafft die Initiative seit Anfang Oktober jungen Menschen bis 25 Jahre so genannte „Ein-Euro-Jobs“.

Iris Jänicke, Sprecherin der kirchlich-kommunalen Beschäftigungsgesellschaft hört diesen Begriff für die Arbeit, die die Jugendlichen erledigen, nicht gern. „Es geht um gemeinnützige Arbeitsgelegenheiten“, sagt sie. Denn die Arbeitslosenhilfe-BezieherInnen dürften dem ersten Arbeitsmarkt keine Konkurrenz machen. Die Arbeit, die den Jugendlichen durch die Neue Arbeit Siegerland gGmbH angeboten werde, müsse gemeinnützig, sinnvoll und zusätzlich sein, sagt Jänicke.

Die gemeinnützige Gesellschaft arbeitet in Siegen mit anderen gemeinnützigen Trägern, wie beispielsweise der Caritas, der Diakonie oder dem Deutschen Roten Kreuz zusammen. Aber auch in den eigenen Räumen sollen die Jugendlichen lernen, sich auf den ersten Arbeitsmarkt vorzubereiten. Dafür gibt es ein Stadtteil-Café, eine Schreinerei und eine Fahrradwerkstatt. Die jungen Menschen sollen bei ihrer Tätigkeit „nichts Unnützes herstellen“, sagt Jänicke. Im Gegensatz zu einer Lehrwerkstatt, wo beispielsweise eine Wand tapeziert und danach wieder von der Tapete befreit werde, produzieren die Siegener Jugendlichen Kerzenständer aus Metall oder Blumenhocker aus Holz, die dann eventuell in den Gebäuden der anderen Projektpartner genutzt werden können.

Problematisch sei an den Arbeitsgelegenheiten, die den Jugendlichen die Möglichkeiten bieten zusätzlich zur Arbeitslosenhilfe 200 Euro im Monat zu verdienen, dass es schwierig werde, die Hilfeempfänger zu motivieren, Minijobs anzunehmen, sagt Jänicke. Denn finanziell stehen die Jugendlichen im Schattenarbeitsmarkt der Arbeitsgelegenheiten besser da. Der Grund: Nimmt ein Arbeitslosenhilfe-Empfänger einen Minijob bis 400 Euro an, wird sein Lohn auf die Arbeitslosenhilfe angerechnet. Daher blieben vom Lohn des Minijobs oft nur „um die 60 Euro“, wie Jänicke sagt. Ein Unterschied von monatlich 140 Euro. Darauf hätten sich die Jugendlichen gut eingestellt.

Werner Marquis, Sprecher der Regionaldirektion der Arbeitsagentur in NRW, hält das Geld trotzdem für gut angelegt. Er sagt, pro Jugendlichem gebe die Arbeitsagentur rund 500 Euro aus. Denn die jungen Menschen erhalten zusätzlich zur Beschäftigung auch sozialpädagogische Betreuung. „Die Jugendlichen haben meist mehr Probleme als die Beschäftigungslosigkeit“, sagt Marquis.

Das bestätigt Jänicke. Viele der Teilnehmer am Programm hätten Probleme, eine Bewerbung zu schreiben, scheiterten schon am eigenen Lebenslauf. Sie wüssten teilweise nicht, wo sie wann wie lange gearbeitet hätten. Das könne einerseits ein psychologisches Problem sein, sich mit der eigenen Biographie auseinander zusetzen, andererseits hätten die Jugendlichen Schwierigkeiten, längere Zeiträume zu überblicken. „Sie können sich ihr Geld nicht über einen Monat einteilen, das schaffen sie maximal über eine Woche“, sagt Jänicke.

Bis zum Ende des Jahres will die Arbeitsagentur in Nordrhein-Westfalen rund 10.000 junge Menschen in solchen Programmen für Langzeitarbeitslose untergebracht haben, sagt Marquis. Bis zu 12 Monate können die jungen Arbeitslosen dann am Rande des Arbeitsmarktes geparkt bleiben.ELMAR KOK