: Ende einer Subkultur am Sielwalleck
Das Kultur- und Konzert-Plattenladen-Café „Lonely Planet Boy“ am Sielwalleck ist geschlossen worden
Das Viertel ist um eine kulturelle Institution ärmer geworden: Das „Lonely Planet Boy“ über dem Sielwalleck, eine Mischung aus Kulturkneipe und Plattenladen, ist nach dreieinhalb Jahren dicht.
Offiziell ist es das Vereinsheim von „99 für Lebensfreude und DADA e.V.“ – aber kein offiziell genehmigter Gaststättenbetrieb. Schon im vergangenen Jahr drohte das Stadtamt deshalb mit sofortiger Schließung, immer wieder wurde den Betreibern des „Lonely Planet Boy“ unterstellt, Gewinne erzielen zu wollen. Genau das darf es aber nicht, regelmäßig wurde deshalb unter anderem der dortige Bierpreis kontrolliert. Demnächst sollte ein weiterer Gerichtsprozess statt finden.
Das letztendliche Aus kam aber jetzt mit der Kündigung des Vermieters. Seine Begründung: die Lärmbelästigung. Schon öfter habe man „Ärger“ mit dem Hausbesitzer gehabt, sagt Günther Kahrs, Vorsitzender von „99 für Lebensfreude und DADA e.V.“, nun wurde es zu viel. Kahrs, bekannt als „Meister Propper“, ist einer der Motoren der Subkultur im Viertel, ein Aktionskünstler, der einst Sponti war und Ende der Achtzigerjahre mal ein paar Jahre lang Landesvorstandssprecher der Grünen.
Sein Versuch, die Existenz des „Lonely Plant Boy“ wenigstens im nachhinein zu legalisieren, scheiterte zuletzt. Das Bauamt lehnt es ab, eine Erlaubnis für eine Vergnügungsgastronomie zu erteilen – weil dafür die nötigen Voraussetzungen fehlen. Zwar unterstützte das Ortsamt die Initiative von Kahrs, und auch aus dem Stadtamt war in der Vergangenheit zu hören: „Wir wollen das Café nicht schließen“. Doch ehe es womöglich doch noch zu einer gütlichen Einigung hätte kommen können, kündigte der Vermieter, zudem hat der Verein Schulden von mehreren Tausend Euro.
Um die begleichen zu können, findet Anfang Juni in der Überseestadt eine Benefizveranstaltung statt. Solange will sich der Verein Zeit lassen, im Viertel doch noch ein neues Zuhause für seine Lesungen, Radioproduktionen und Konzerte zu finden. Eine konkrete Perspektive gebe es derzeit nicht, sagt Kahrs. Hoffnung schon. mnz