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Archiv-Artikel

CDU: Patriotismus wird Parteitagsthema

Merkel nimmt Thema Nationalstolz in die Hand. Nach Hohmann fragt sie: „Welchen Patriotismus wollen wir?“

BERLIN taz ■ Auch in der Berliner CDU-Zentrale stand gestern ein Mann im Mittelpunkt, den man hier normalerweise eher ungern sieht: Gerhard Schröder. Bis kurz vor der eigenen Pressekonferenz mit Angela Merkel lief die Rede des SPD-Chefs selbst im Konrad-Adenauer-Haus der CDU auf allen Monitoren. Nur allzu gern überlässt die CDU-Spitze in diesen Tagen das Rampenlicht der SPD. Das gibt Merkel und ihren Leuten ein bisschen Zeit zum Verschnaufen – nach all der Aufregung der letzten Wochen um den Abgeordneten Martin Hohmann.

Endlich sei im Vorstand wieder über „Sachfragen“ gesprochen worden, berichtete Merkel. Die CDU-Chefin weiß jedoch, dass die Ruhe nach dem Sturm täuscht, die sie kurz genießen durfte. Zu groß ist nach wie vor der Unmut am rechten Rand der Basis. Zu sehr hat der Rausschmiss Hohmanns die Partei verwirrt. Erst nur eine Rüge und dann doch der Rauswurf ohne erkennbaren, neuen Anlass – das können viele nicht verstehen. Auch in der gestrigen Vorstandssitzung habe es „Kritik am Verfahren“ gegeben, berichteten Teilnehmer – gerade aus Hessen, wo Landeschef Roland Koch nun das Ausschlussverfahren gegen Hohmann zum Erfolg führen muss. „Das Vorgehen muss noch besser vermittelt werden“, sagte Berlins CDU-Chef Joachim Zeller, „da sind wir alle gefordert.“ Am meisten natürlich Merkel.

Die Parteichefin bemüht sich, die emotionale Debatte in der Union wieder nach vorne zu lenken. Dass noch lange nachgehakt und über das Vorgehen gegen Hohmann diskutiert wird, möchte sie verhindern. Den Hessen Koch nimmt sie dabei besonders in die Pflicht. Im Vorstand habe „kein einziger“ ihrer Einschätzung widersprochen, wonach Hohmanns Rauswurf aus Fraktion und Partei „alternativlos“ und „unabdingbar“ gewesen sei, betonte Merkel. „Was für mich zählt, ist das Ergebnis.“ Ende der Debatte?

Nein, eine andere Debatte! Statt über die Person Hohmann und dessen Schicksal möchte Merkel lieber über Patriotismus reden, „eine Diskussion über unser Selbstverständnis als Deutsche“ führen. Bei einigen Mitgliedern sei durch die Strafaktionen gegen Hohmann der Eindruck entstanden, man dürfe „jetzt gar nichts mehr sagen“. Davon könne jedoch keine Rede sein. Im Gegenteil. Die Frage, mit der sich die CDU nun verstärkt beschäftigen werde, laute: „Welche Form von Patriotismus wollen wir?“ Eine Antwort darauf will Merkel auf dem Parteitag Anfang Dezember in Leipzig geben. „Ganz sicherlich“ werde das Thema Patriotismus dort in ihrer Rede eine Rolle spielen. Auch eine Debatte sei erwünscht. Aber ohne Martin Hohmann: Um zu verhindern, dass er zum Parteitag der CDU kommt, sollen ihm noch im November die Mitgliederrechte der Partei entzogen werden. LUKAS WALLRAFF