Deutsch-Thümler des Nordens

Ein CDU-Abgeordneter, der sich in einer Zeitungsanzeige hinter den geschassten Martin Hohmann gestellt hatte, bleibt Mitglied der niedersächsischen Landtagsfraktion. SPD-Sympathisant will mit Klage gegen seinen Parteiausschluss vorgehen

von KAI SCHÖNEBERG

Der Fall des aus Fraktion und Partei geschassten christdemokratischen Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann bleibt zunächst ein Einzelfall in der Geschichte der CDU. Nachdem gestern auch der Wolfsburger CDU-Ratsherr Benno Klett von sich aus die Konsequenzen gezogen hatte und von seinem Mandat zurückgetreten war (siehe taz von gestern), weil er Italiener als „Kanaken“ beschimpft hatte, bleibt der Landtagsabgeordnete Thorsten Thümler aus Hude weiter Mitglied der niedersächsischen CDU-Fraktion.

Thümler und 25 weitere CDU-Mitglieder hatten am vergangenen Freitag in großformatigen Anzeigen in der Süddeutschen Zeitung und in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung „kritische Solidarität“ mit Hohmann verlangt und erklärt, man halte dessen umstrittene Rede zum Tag der Deutschen Einheit für „problematisch“, „keineswegs aber für antisemitisch“. Vier weitere CDUler aus Niedersachsen hatten den Aufruf unterschrieben – ebenso wie der seit Jahren als notorischer Rechtsausleger bekannte ehemalige Berliner Innensenator Heinrich Lummer (CDU).

Gestern erklärte der 32-jährige Bankkaufmann Thümler plötzlich, dass er sich nun doch „eindeutig von der Rede von Martin Hohmann“ distanziere. Auch im CDU-Fraktionsvorstand schwor er ab. Thümler sei nun „der festen Ansicht, dass die Greueltaten des Nationalsozialismus einzigartig und nicht vergleichbar sind“, heißt es in einer Mitteilung. Mit seiner Anzeige habe er „lediglich den Verfahrensverlauf in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion kritisieren“ wollen.

Fraktionsgeschäftsführer Bernd Althusmann sagte anschließend, Hohmanns Rede vom „Tätervolk“ sei „untragbar“ gewesen. Es habe zudem – anders als in der Anzeige dargestellt – „eine zivilisierte, offene, faire und kritische Auseinandersetzung mit dem Abgeordneten Hohmann gegeben“. Nach dem Rüffel für Thümler sei die Sache „abgeschlossen“.

Auch die niedersächsische SPD hat mittlerweile ihr Problem mit Hohmanns Erben. Der Buchholzer Sozialdemokrat und frühere Ratsherr Jürgen Schulz will sich offenbar juristisch gegen ein von der SPD angestrengtes Parteiausschlussverfahren wehren. Der SPD-Landeschef müsse den Vorwurf zurücknehmen, er sei fremden- und judenfeindlich. „Sonst verklage ich ihn“, sagte Jürgen Schulz.

In einem Leserbrief und in einer E-Mail an die niedersächsische SPD-Bundestagsabgeordnete Monika Griefahn hatte der 68-Jährige Position für den rausgeworfenen Hohmann ergriffen. Darin hatte Schulz kritisiert, dass Politiker heute immer noch nicht in der Lage seien, die nach dem Krieg „eingeübte Büßerhaltung gegenüber dem Ausland und den Juden“ abzulegen. Schulz, der keine Funktionen mehr in der Partei ausübt, sagte, Hohmann habe dagegen in seiner Rede Wahrheiten und Tatsachen ausgesprochen.