Konkurrenzkampf bei Kandidatenkür

Die Linke wählt am Wochenende in Wilhelmsburg ihre Bundestags-Kandidaten. Acht Bewerber kämpfen um die Spitzenkandidatur. Wahlplattform fordert Vergesellschaftung aller Banken und Auflösung der NATO

Es könnte turbulent werden: Am kommenden Sonntag wählt die Hamburger Linke auf einer Delegiertenversammlung ihren Spitzenkandidaten für die anstehende Bundestagswahl. Und während bei anderen Parteien die Frage nach den ersten Listenplätzen bereits im Vorfeld der Nominierungsparteitage so gut wie fest steht, herrscht bei der Linkspartei ein munterer Konkurrenzkampf. Nach derzeitigem Stand bewerben sich gleich acht KandidatInnen um die Nachfolge des derzeitigen Hamburger Bundestagsabgeordneten der Partei, Norman Paech (71), der aus Altersgründen nicht mehr antritt.

Die besten Chancen werden parteiintern dem Friedenspolitiker Jan van Aken, dem Hamburger WASG-Mitbegründer Berno Schuckart-Witsch und der Bundesvorsitzenden der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VNN), Cornelia Kerth, eingeräumt. Drei KandidatInnen, die für unterschiedliche Politikbereiche stehen.

Der 47-jährige Biologe van Aken, der als Greenpeacer-Campaigner im Bereich Gentechnologie und als Biowaffen-Inspektor der Vereinten Nationen tätig war, setzt am ehesten die internationale Ausrichtung Paechs fort und gilt zudem auch als Umweltexperte. Er geht als leichter Favorit in die Kandidaten-Kür.

Berno Schuckart-Witch, 57, trägt den Stempel typischer „Gewerkschaftslinker“ und ist einer der führenden Sozialexperten der Hamburger Partei. Sein Vorteil: Er ist der Hamburger Linkspartei von allen Kandidaten am längsten in führenden Funktionen verbunden, gilt aber als eher mäßig begabter Rhetoriker.

Die chancenreichste Frau der Kandidaten-Riege, Cornelia Kerth, steht für die antifaschistische Ausrichtung der Linken. Die 54-jährige Ex-Juso-Funktionärin ist seit den 80er Jahren der VVN verbunden und als Mitbegründerin des Antirassistischen Telefons und der Migranten-Anlaufstelle „Café Exil“ auch in der Flüchtlingsszene wohlbekannt.

Während dem aus dem Kreisverband Nord kommenden Friedensaktivisten Hartmut Ring, 59, zumindest Außenseiterchancen für das Ticket nach Berlin eingeräumt werden, gelten die vier übrigen Bewerber parteiintern als chancenlos. Gut möglich, dass noch der eine oder andere Kandidat seine Bewerbung zurückzieht, um sich eine Wahlblamage zu ersparen.

Schon am Tag vor der Delegiertenversammlung wird ein Linken-Parteitag über eine wahlpolitische Erklärung abstimmen, mit der die Partei in den Bundestagswahlkampf zieht. Die zentralen Forderungen des vom Landesvorstand eingebrachten Erklärungsentwurfs zielen in Richtung Bekämpfung der Wirtschaftskrise.

Mit der Vergesellschaftung des „gesamten Bankensystems“, einer Wirtschaftspolitik, „die die enormen Exportüberschüsse abbaut und auf die Stärkung des Binnenmarktes gerichtet“ ist, sowie mit einer Abschaffung von Hartz IV und der „drastischen Verkürzung der Regelarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich“ auf 30 bis 35 Wochenstunden will die Linke die Krise meistern.

Nicht weniger wichtig: der Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan und die „Auflösung der NATO“. MARCO CARINI