: Rocken und rappen für Toleranz
Das Projekt Soundwahl hat 14 Nachwuchsbands aus Berlin und Brandenburg für eine CD ausgesucht. Mit ihren Liedern wollen sie im Superwahljahr 2009 gegen rechts und Politikmüdigkeit mobilisieren. Heute Gratiskonzert in Potsdam
Jung, musikalisch und politisch engagiert: Die Kreuzberger Musikalische Aktion e.V. (KMA) bringt mit ihrem Projekt Soundwahl eine CD mit 16 Songs zu den Themen Demokratie, Toleranz, Rassismus und fremdenfeindliche Gewalt heraus. Die Titel entstanden in Zusammenarbeit mit 14 Nachwuchsbands aus Berlin und Brandenburg.
Seit dem Jahr 2000 setzt sich die KMA in Berlin und Brandenburg aktiv gegen rechts ein; sie versucht, junge Leute politisch zu sensibilisieren und Vorurteile abzubauen. Im Wahljahr 2009 – vollgepackt mit Europa- und Bundestagswahl, in Brandenburg zudem auch Landtagswahlen – will sie mit dem Projekt Soundwahl Jugendliche vor Politikmüdigkeit bewahren: „Die jungen Leute erreicht man am besten über ihre eigene Kultur, über Musik. Daher haben wir zusammen mit der Koordinationsstelle ‚Tolerantes Brandenburg‘ zu einem Bandcontest aufgerufen“, erklärt Alexander Hadlich, Leiter von Soundwahl. Der Verein war dabei offen für alle Musikrichtungen – von Rock über Hiphop bis Soul war alles erlaubt. Einzige Bedingung der regionalen Ausschreibung: die eingereichten Songtexte müssen auf Deutsch verfasst sein. „Für uns war die Hauptsache, dass die Songs eine Botschaft enthalten, und die soll jeder verstehen können“, so Hadlich.
Im Januar setzten sich schließlich 14 Gewinner durch, die ihre Songs im Studio von KMA-Records einspielen durften. Ihre Beiträge werden nun auf einem gemeinsamen Sampler mit zwei zusätzlichen Tracks der bereits etablierten Bands Fahrenheit 212 und Culcha Candela veröffentlicht.
Als Projektleiter freut sich Hadlich über das große Engagement der jungen Bands. Nach seiner Ansicht zeigen die Soundwahl-Texte, dass die Jugendlichen vieles kritisch sehen und gesellschaftliche Probleme konkret auf den Punkt bringen können. Das Projekt besticht für Hadlich letztlich durch die Ausstrahlung der teilnehmenden Amateurbands, die mit ihrer ganzen Einstellung gegen rechts stehen würden.
Einige Bands griffen in ihren Texten eigene Erfahrungen mit Intoleranz und Gewalt auf. Der Song „Sag mir, wen Du siehst“ der Gruppe Forrest Dumpweed thematisiert etwa die Ablehnung und Aggression, die einem ihrer Bandmitglieder in einer Berliner Kneipe entgegenschlug. Für den dort versammelten rechtsradikalen Stammtisch reichte sein ausländisches Aussehen, um einen Streit anzuzetteln.
Die 16- und 17-Jährigen Musikerinnen der Gruppe Nawös nähern sich dem Thema Toleranz von einer anderen Seite. Sie prangern TV-Shows der Privatsender RTL, Sat.1 und Pro7 an, die die Jugend zwecks Quotengewinn auf lächerliche Weise zur Schau stellen würden. Ausdrücklich gegen die rechte Ideologie und ihre Widersprüchlichkeit richtet sich schließlich der Song „Scheiße, Scheiße!“ der Berliner Punkrock-Band Pityfuck. Sänger Holger Seifert spricht darin über die Idiotie rechtsextremen Gedankenguts. Für ihn ist Musik, mit der sich Jugendliche identifizieren können, ein optimaler Weg, um junge Wähler zu erreichen. „Früher haben wir selbst mitbekommen, wie die NPD ihre sogenannten Schulhof-CDs verteilt hat. Nun möchten wir mit eigenen Texten dagegen halten und andere politisch mobilisieren“, so Seifert.
Erstmals vorgestellt wird die Soundwahl-CD bei der Neueröffnung des Clubs „Lindenpark“ am heutigen Freitag in Potsdam. Bei freiem Eintritt stellen die Musiker von Pityfuck und sieben weitere Gewinnerbands ihre Songs ab 19 Uhr vor. Zudem steht die CD als kostenloser Download unter www.soundwahl.de bereit, 3.000 gepresste Exemplare werden bei Konzerten verteilt. Denn nach dem CD-Release startet das Projekt in Kürze eine Tour – vorerst nur durch Brandenburg.
TERESA SITZMANN