corleone will namen ändern
: Die Heimat der Mafia

Die süditalienische Gemeinde Corleone will den Imagewechsel. Die Mafia macht’s wie immer: sie schweigt dazu

Wer würde eigentlich Vinci kennen, wenn da nicht Leonardo wäre, der große Sohn des toskanischen Fleckens? Normalerweise freuen sich kleine Ortschaften, wenn sie dank herausragender Sprösslinge auf Dauer und weltweit berühmt werden. Weltweit berühmt ist auch Corleone. Wer daher stammt, muss – anders als Leute aus Oer-Erkenschwick oder aus Frosinone – keine langatmigen Erläuterungen abgeben. Corleone? Aha! Und doch: die Corleonesi wünschen nichts sehnlicher, als endlich zu Einwohnern eines anonymen Bergnests zu werden, das keine Sau kennt. Unter dem alten Label fallen schließlich so unschöne Assoziationen wie Totò Riina, der sich vom Heimatdorf nach Palermo durchschoss, bis er Boss der Bosse war, wie Bernardo Provenzano, amtierender Chef der Mafia, wie Marlon Brandos „Pate“ („Don Vito Corleone“). Und „Corleonesi“ ist seit gut 20 Jahren das Kürzel für den Brutalo-Flügel der Cosa Nostra.

Da muss ein neuer Name her, fand eine Händlerinitiative in Corleone und will die Corleonesi – gemeint sind diesmal nicht die Bosse, sondern die Bürger – jetzt dazu befragen. Aber auch von den Bossen darf man wohl eine klares Ja zur Umbenennung erwarten. Schließlich teilen sie den Wunsch nach Anonymität. Mafia? Nie gehört. Corleone? Gibt's hier nicht, hat's auch nie gegeben. Außer im Kino. So ist man zwar die Mafia nicht los, wohl aber das unschöne Mafia-Image. Wenn die Sippschaften Riina und Provenzano, die auch heute noch in Corleone hausen, sich am Ende doch der Stimme enthalten, dann bloß wegen der erstaunlichen Halbherzigkeit der Initiatoren. Cuor di Leone („Löwenherz“) wollen die Hasenfüße ihren Flecken nennen. Das soll an Zeiten erinnern, als die Normannen nach Sizilien vorstießen, aber wenn man nur ein bisschen nuschelt, klingt es gleich wieder wie – Corleone. MICHAEL BRAUN