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Archiv-Artikel

Ein Stück Frieden für Afrika

VON DOMINIC JOHNSON

Es wird Afrikas größte Friedenskonferenz, und sie folgt auf Afrikas größten Krieg. Die „Internationale Konferenz für die Region der Großen Seen“, die heute in Tansanias Hauptstadt Daressalam auf Außenministerebene beginnt und am Wochenende mit einem Staatengipfel endet, soll einen Schlussstrich unter die blutigen Konflikte Zentralafrikas ziehen. Rund 10 Millionen Tote gab es, zählt man Sudan und Angola und andere Teilnehmerländern zu denen der Kernregion dazu, seit, ausgehend vom Völkermord an Ruandas Tutsi 1994 und den Kongo-Kriegen 1996–2003, eine Spirale von Bürgerkriegen und Militärinterventionen einsetzte.

Die Konferenz soll nach zehnjähriger Vorbereitung ein ähnliches Signal für Afrika setzen wie 1975 die KSZE-Verträge von Helsinki für das Europa das Kalten Krieges: die Überwindung gegenseitigen Misstrauens. Zahlreiche Länder aus aller Welt, auch Deutschland, sind neben den elf Kernländern (siehe unten) nach Daressalam eingeladen. Dort wird zunächst ein „Aktionsplan“ verabschiedet; im Mai 2005 folgt in Kenias Hauptstadt Nairobi ein Pakt über Sicherheit, Stabilität und Entwicklung.

Grundphilosophie ist, dass innere und äußere Konflikte in Zentralafrika voneinander nicht zu trennen sind. Ein Konzeptpapier des Auswärtigen Amtes nennt drei gedankliche Grundlagen: „Erstens, dass der Konflikt in der DR Kongo regionale Dimensionen hat; zweitens die Tatsache, dass die Menschen der Region der Großen Seen ethnisch, kulturell und sprachlich miteinander verbunden sind, dass intern begründete Instabilität in einem Land schnell eine Konfliktdynamik in der gesamten Region auslöst und anheizt; und drittens die Notwendigkeit, in einem regionalen Rahmen Lösungen für die den beteiligten Ländern innewohnenden Konflikte und Instabilität zu suchen.“

Unzählige Minister gehen nun mit Lieblingsideen zur Wirtschaftsintegration hausieren: Strom aus dem Kongofluss, Methangas aus dem Kivu-See, Öl an der ugandischen Grenze. Aber es geht um mehr, wie der zuständige UN-Sonderbeauftragte Ibrahima Fall im Oktober vor dem UN-Sicherheitsrat betonte. „Krieg beginnt in den Köpfen“, sagte er: „Ausbildung zum Frieden, zu Toleranz, zu Multikulturalität und demokratischen Werten hat Vorrang.“

Schließlich nützt Wiederaufbau nichts, wenn die Gründe für Krieg bestehen bleiben. Zu diesen zählt der kongolesische Politologe Jean-Pierre Mbelu „die immer schärfere Ausprägung von Identitätskonflikten, die Anbetung der Macht und des Geldes, zufällige Grenzen, gezogen von Kolonialherren, Abwesenheit eines Rechtsstaates“. Andere verweisen auf die Verarmung breiter Bevölkerungsteile, die Menschen in die Arme von Warlords treibt, und ungleiche Landverteilung, die Migration aus dicht besiedelten in wenig erschlossene Gebiete erzwingt, auch wenn eine Staatsgrenze im Weg ist.

Zu all dem wird die Konferenz nichts sagen – aus gutem Grund: Weder eine Neuziehung der Grenzen noch das Umkrempeln der politischen Ordnung einzelner Länder wären konsensfähig. In Vorkonferenzen verhinderte der Kongo sogar, dass das Treffen Nationalitätenfragen behandelt – dabei ist der Streit um die Staatsbürgerschaft der ruandischstämmigen Minderheit des Ostkongo einer der wichtigsten ungelösten Konflikte der Region. Das sei eine „innere Angelegenheit“. Der Kongo strich sogar den von Ruanda gewünschten gemeinsamen „Kampf gegen Völkermordideologie“ aus der Konferenzvorlage.

Im Gegenzug gelten nun aber auch die vom Kongo als Probleme angeführte Ausplünderung natürlicher Ressourcen oder die Einhaltung demokratischer Mindeststandards als „innere Angelegenheiten“ und werden als Allgemeinplätze abgehandelt. Kongolesische Nationalisten machen daher jetzt schon gegen die Konferenz mobil. Eine „Konferenz der Schlächter“ beklagt Mwami Ndatabaye – ein einflussreicher traditioneller König im Ostkongo, der selbst Milizen unterstützt. Aber auch der KSZE-Prozess brauchte schließlich viele Jahre, bevor Ergebnisse sichtbar wurden.