Kühl weht‘ s von der Bühne

Überkonzentriert: John Cale spielte im Schlachthof

John Cale mit Band 2003 ist eher ein Arrangement als ein Konzert. Die Musik wirkt skelletiert – was nicht mit kalkuliert gleichzusetzen ist. Bis auf eine fragile, dabei sehr einleuchtende Version von Velvet Undergrounds „Venus in Furs“ spielt das Quartett vornehmlich Material der letzten beiden Platten „Walking the Locust“ und „Hobo Sapiens“.

Der kühle Hauch, der vergangenen Mittwoch von der Schlachthof-Bühne ins Publikum wehte, war bei Cale immer schon vorhanden: Emotion und Analyse, Geschichtenerzählen und strukturelle Überlegung sind eng verwoben. Gestisch scheint John Cale in seiner Heimat Wales wieder angekommen zu sein: Ihm und seinen Songs eignet eine gewisse Kargheit – in gedämpften Uptemponummern wie auf ausladenden Soundflächen. Was fehlt sind die mehr oder weniger kontrollierten Ausbrüche in der Stimme, im Sound, in den Arrangements. Denn so erfahrungsgesättigt der Musiker und so grüblerisch der Mensch John Cale sein mag: Derlei Grenzgängertum würde den eleganten Songs Gewinn bringende Kratzerchen verleihen.

Tim Schomacker