: Im Feindesland – die Zukunft von Porsche und Schnitzel
KLIMAKULTUR Ulf Poschardt, Boris Palmer, Meike Gebhard, Christiane Grefe und Peter Unfried
Natürlich ist jemand, der die Finanzelite feiert, die mit ihren Lamborghinis London bereichert, als Lieblingsfeind auf ein Podium zur Klimakultur eingeladen. Ulf Poschardt, stellvertretender Chefredakteur der Welt, war nicht überrascht, als ihm aus dem Publikum wenig Sympathie entgegenschlug – wobei die Antipathien zeitweilig so stark waren, dass es Moderator Peter Unfried befremdete. „Glaubt nicht, dass Poschardt so blöd ist, dass er glaubt, was er sagt“, twitterte jemand, was sofort auf die Wand des Auditoriums projiziert wurde. Zu klären war diese Frage nicht. Sicher aber ist, dass Debatten dieser Art von der argumentativen Qualität ihrer Feinde leben. Und die war, großzügig betrachtet, mittelprächtig.
„Nie mehr Porsche? Nie mehr Schnitzel?“ lautete der Titel, und dass der Porsche die Debatte bestimmte, sagt zwar viel über den Symbolwert des Autos, aber wenig über Poschardts Repräsentativität. Der Porsche, stellte Boris Palmer, Tübingens grüner Vorzeigebürgermeister fest, fällt statistisch nicht ins Gewicht.
Und die weitere Poschardt-Performance? Das Argument, dass man Genaues über den Klimawandel nicht sagen könne, war dünn und noch müder das Bekenntnis, dass es müßig sei, sich zu Thesen zu bekennen, die ohnehin mehrheitsfähig seien. An dieser Stelle nahm das Twitter- und Saalgemurre so stark zu, dass Poschardt darauf verwies, dass er sich immerhin der Diskussion stelle. Und sich frage, wo er und die Klimaschützer zueinander finden könnten. Das klang aber so, als frage er, wo sich Parallelen schneiden. Blieb die Furcht vor der drohenden Ökodiktatur, die, gespeist vom Sozialneid der Freudlosen, den Hedonisten die Freiheit zum Anderssein nehmen werde. Warum vermögende Lohas Sozialneid empfinden sollten, wusste Poschardt allerdings nicht zu erklären, immerhin verlagerte sich die Diskussion damit auf eine ergiebiger Frage: Ob Klimaschutz Verzicht bedeute oder ob der Begriff Gewinn angebrachter sei. Zeit-Redakteurin Christiane Grefe wollte den Wählern unbequeme Wahrheiten zumuten. Palmer lobte die geregelte Heizungspumpe. Meike Gebhard von utopia.de warb für Fleischverzicht. „Die Mehrheit der Deutschen steht Poschardt näher“, twitterte jemand ungerührt. Das dürfte stimmen. Nur müssen sie ohne das Gehalt eines Welt-Chefs auskommen. Das könnte der geregelten Heizungspumpe einen Platz in ihrem Herzen verschaffen. FRIEDERIKE GRÄFF