die berufung von condoleezza rice und die deutsch-amerikanische freundschaft : Fischer unter Falken
Die bisherige Nationale Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice wird zur neuen US-Außenministerin berufen. Jetzt können nur noch unverbesserliche Optimisten glauben, Präsident George W. Bush werde nach seiner Wiederwahl weiser und kompromissbereiter sein. Denn das Signal ist eindeutig: Die Fraktion der Falken wird demonstrativ gestärkt. Der deutsche Außenminister Joschka Fischer darf nicht mehr darauf hoffen, Spannungen im bilateralen Verhältnis mit einem konzilianten Amtskollegen leise und unauffällig abbauen zu können. Er sitzt künftig einer Hardlinerin gegenüber, mit deren Beförderung der Präsident zeigt, dass er der Ansicht ist, seine bisherige Außenpolitik sei ganz und gar richtig gewesen. Schlechte Nachrichten für Rot-Grün?
Wie man’s nimmt. Es ist gewiss angenehmer, mit einem Gesprächspartner zu verhandeln, der Verständnis für die eigene Position erkennen lässt, als mit einer entschlossenen und mächtigen Gegnerin dieser Position. Ob das jedoch auch zielführender ist, steht auf einem anderen Blatt. Denn so liberal Colin Powell im Vergleich mit anderen US-Regierungsmitgliedern auch gewirkt haben mag: Allzu oft hat sich in den vergangenen vier Jahren eben gezeigt, dass es ziemlich egal war, was der US-Außenminister von dieser oder jener Entscheidung hielt. Durchsetzen konnte er sich im Konfliktfall ohnehin nicht. Wenn ein Verhandlungspartner keinen Einfluss hat, dann nützt es auch nichts, wenn er nett ist.
Künftig wird man wenigstens darauf vertrauen können, dass das Wort der Außenministerin im Weißen Haus gehört wird; schließlich ist Condoleezza Rice eine der engsten, wenn nicht sogar die engste Vertraute von George W. Bush. Gespräche mit ihr mögen – je nach politischer Entwicklung – unerfreulich sein. Eine Zeitverschwendung sind sie gewiss niemals. An die Berufung der bisherigen Sicherheitsberaterin knüpft sich sogar ein kleiner Hoffnungsschimmer: Wenn eine der wichtigsten Mitarbeiterinnen des Präsidenten ins Außenministerium wechselt, dann bedeutet dies auch eine Aufwertung des Amtes.
Es ist bekannt, für welchen Kurs Condoleezza Rice steht und welche Politik sie für richtig hält. Niemand, der auf eine Abkehr von der US-Hegemonialpolitik, einen Bedeutungszuwachs für internationale Organisationen und eine Verbesserung des Dialogs zwischen Europa und den USA gehofft hatte, kann sich über die Personalentscheidung freuen. Aber zu allzu düsteren Prognosen besteht andererseits auch noch kein Anlass. Denn die Frage, ob George W. Bush sich in neue militärische Abenteuer stürzt, hängt nicht nur von seinen Wünschen und Visionen ab, sondern auch von der Kassenlage. Die ist derzeit nicht gut, und der Krieg im Irak, der nicht mehr als solcher bezeichnet wird, bindet Kräfte und Mittel, die andernorts nicht mehr eingesetzt werden können.
Das ist allerdings nur ein schwacher Trost. Denn wie viel gefährlicher Unfug sich außenpolitisch auch ohne neue Grundsatzentscheidungen anrichten lässt, zeigen die USA gerade eindrucksvoll. Beim Häuserkampf in Falludscha. BETTINA GAUS