Vernünftige Perspektiven suchen

betr.: „Van Gogh und die Menschenrechte“, taz vom 10. 11. 04

Herr Kreimeier, was wollen Sie eigentlich? Ist nicht der Tod von Theo van Gogh der Beweis dafür, dass er Recht hatte? Ich möchte ihm nicht, wie Sie es tun, unterstellen, er „wähnte sich im Krieg“, ich möchte nur reflektieren, wes Geistes Kind diese Individuen sind, die allen anderen vorschreiben wollen, was für sie gut sei!

Ich sehe es als Dokument der Dummheit und Schwäche, wenn jemand seine Überzeugungen mit Äußerlichkeiten, Gewalt und Mord in die Welt tragen muss! Ich lebe wie Theo van Gogh in einer gemäßigten Gesellschaft, die vielen Menschen den Raum zur Entfaltung bietet. Und eine Demokratie passt sich noch lange nicht den Verhaltensmustern ihrer Feinde an, wenn sie denen die Tür weist! Ich kann ohne diese Beglücker leben, und so lange sie mich und andere in Ruhe lassen und die Spielregeln dieser gemeinsamen Gesellschaft anerkennen, sind sie Glieder dieser Gesellschaft! Andernfalls dürfen sie hingehen, wo der Pfeffer wächst. Diese bedauernswürdigen Islamisten zwingt doch niemand zu bleiben. […]

BRINK CARSTEN DIETRICH, Gauting

betr.: „Misstrauensbildende Maßnahme“, taz vom 11. 11. 04

Auch ich als Muslima bin entsetzt über dieses fürchterliche Verbrechen an den Grundpfeilern der Freiheit, der Meinungsfreiheit – und ich bin nicht die einzige Muslima, die das verurteilt. Das Traurige ist nur, dass keiner die Stimmen von Millionen friedfertiger Muslime hören will, da sie nicht in den antiislamischen Kanon passen. Dabei sind sie die Opfer der Folgen dieser Radikalisierung der Massen durch Politik und Medien. Durch mangelnde Differenzierung und Kriminalisierung aller Muslime bewirken die Verantwortlichen in Politik und Medien die Entstehung einer tiefen Kluft zwischen Muslimen und Nichtmuslimen und die Verhärtung der Fronten. Erste Anzeichen dieser Folgen sehen wir in der Zunahme der rechtsradikalen Kräfte in Europa. Die Politik ist gut beraten, wenn sie anfängt, nach vernünftigen Perspektiven zu suchen. Sie muss aufhören mit der antiislamischen Stimmungsmache, die zur Radikalisierung beider Seiten führt. Solche kriminellen Taten müssen sachlich und differenziert behandelt werden.

Die Politik muss Millionen friedfertiger Muslime stärken, indem sie diese in den Prozess der Bekämpfung von Terror und Gewalt und vor allem in gesellschaftliche Prozesse mit einbezieht, statt sie zum Feindbild zu stigmatisieren und Kopftuchverbote zu verhängen. Europa und Amerika müssen endlich begreifen, dass ein Frieden nur mit den Muslimen geht und nicht gegen die Muslime. In Anbetracht der imperialistischen Vergangenheit Europas und Amerikas, mit unzähligen Opfern, des jahrzehntelangen Nahost-Konflikts mit tausenden Toten, 12 Jahren Embargo im Irak mit Millionen von Toten und nicht zuletzt des Irakkriegs, der im Namen der Demokratie 100.000 tote Zivilisten gebracht hat, muss klar erkannt werden, dass das Verhältnis des Westens, auch Europas, zum Islam gestört ist und unbedingt einer Korrektur bedarf. HADICE SHARIF, Syke