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Archiv-Artikel

Recht unter Etat

Das Oberlandesgericht Celle weist Anspruch auf Schmerzensgeld eines Häftlings ab

Celle taz ■ Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat den Schmerzensgeldanspruch eines ehemaligen Strafgefangenen, der mit drei weiteren Häftlingen zwei Tage lang in einem 16 Quadratmeter großen Haftraum ohne räumlich abgetrennte Toilette untergebracht war, abgelehnt. Der 26-Jährige habe durch die beengte Unterbringung keine körperlichen, psychischen oder sonstigen Schäden erlitten, urteilte das OLG. „Eine weise Entscheidung“, sagte Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU). Das Gericht habe „berücksichtigt, dass wir die Verantwortung für mehr als 7.000 Strafgefangene tragen und dass wir nicht allen Einzelinteressen gerecht werden können.“

„Einen Skandal“ sieht hingegen Rechtsanwalt Axel Feller – und will vor dem Bundesgerichtshof (BGH) in Berufung gehen: „Der wird dem OLG das Urteil um die Ohren hauen.“ Feller kritisiert vor allem die Urteilsbegründung. Danach ist „schließlich auch die seit langem bestehende und bekannte prekäre Haushaltslage in Niedersachsen, die natürlich auch den Strafvollzug betrifft, zu berücksichtigen“. Damit habe das OLG „geltendes Recht den Zwängen des Haushalts untergeordnet“, betont Feller. „Es kann nicht sein, dass die Menschenwürde wegen knapper Kassen mit Füßen getreten wird.“ Dann dürfe „auch ein Bankräuber einbrechen, weil er kein Geld hat“. Das OLG hatte der Argumentation des Landgerichts Hannover in einem vorangehenden Prozess im Wesentlichen Recht gegeben: die Knast-Unterbringung im Juli 2002 sei rechtswidrig und menschenunwürdig gewesen. Allerdings sei die dem 26-Jährigen vom Landgericht zugesprochene Entschädigung in Höhe von 200 Euro „weder unter dem Blickpunkt der Ausgleichs- noch der Genugtuungsfunktion geboten“. kai schöneberg