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Archiv-Artikel

Der George W. Bush der Postgaullisten

Nicolas Sarkozy ist neuer Parteichef der rechten französischen UMP. Der Rivale des Staatspräsidenten Jacques Chirac will die Partei verjüngen und modernisieren – und orientiert sich dabei an den US-amerikanischen Republikanern

PARIS taz ■ Es war die Inszenierung eines angekündigten Sieges: Vor 25.000 im Kongresszentrum von Le Bourget bei Paris versammelten und aus ganz Frankreich angereisten Parteimitgliedern feierte Nicolas Sarkozy gestern mit einer Riesenfete seinen Aufstieg zum Präsidenten der rechten UMP. Der 49-jährige wurde mit 83 Prozent der Stimmen gewählt – 3 Prozent mehr als sein Vorgänger Juppé.

Für Staatspräsident Jacques Chirac, der heute seinen 72. Geburtstag feiert, ist das eine doppelte Niederlage. Er hat die Kontrolle über die Spitze seiner eigenen Partei verloren. Und er muss sich auf eine neue – voraussichtlich konfliktträchtige – Form der Kohabitation mit seinem stärksten Gegenspieler aus dem rechten Lager einstellen.

Tatsächlich ist die Wahl des wirtschaftsliberalen und US-freundlichen Politikers ein Wendepunkt in der Geschichte des französischen Postgaullismus. Bereits in den vergangenen Monaten hat er eine Modernisierung seiner Partei angekündigt, die an US-Modelle erinnert. Er soll sogar über den Parteinamen „Die Republikaner“ nachdenken.

Speedy Sarkozy, wie ihn manche Anhänger nennen, ist ein Meister des Spektakels. Das hat er in den vergangenen zwei Jahren bewiesen, in denen er nacheinander Innenminister, Wirtschafts- und Finanzminister war. Als einziges Mitglied der rechten Regierung schaffte er es, stets in den Schlagzeilen zu bleiben – und stets populär zu sein, auch wenn seine vollmundigen Ankündigungen und Versprechungen – mehr innere Sicherheit, weniger Unternehmensverlagerungen ins Ausland, niedrigere Verbraucherpreise – nur selten die erwarteten konkreten Folgen brachten. Lediglich in einem Punkt ist Sarkozys Erfolg unbestreitbar: Mit längst überfälliger Polizeipräsenz am Straßenrand hat er es geschafft, die Zahl der Verkehrstoten radikal zu senken. Für seine Wahl an die UMP-Spitze hat Sarkozy in den vergangenen Monaten erneut alles aufgeboten, was er an Spektakelpotenzial hat. Obschon er keinen ernst zu nehmenden Gegenkandidaten hatte, zog er durch die Provinz und ließ sich in Auftritten feiern, die an die Vorwahlen in den US-Parteien erinnern. Die französischen Medien nennen seinen neuen Aufstieg „Inthronisierung“. Manche weisen auch darauf hin, dass sie auf die Woche genau mit dem 200. Jahrestag der Kaiserkrönung von Napoleon zusammenfällt. Sarkozy erwidert darauf grinsend: „Ich bin gewählt worden.“

Parteiintern positioniert sich Sarkozy in vielen Punkten auf der Gegenseite von Chirac: Er kritisierte das französische Eintreten gegen den Irakkrieg, er war gegen ein Kopftuchverbot und er ist gegen einen EU-Beitritt der Türkei. Für den Chef des französischen Unternehmerverbandes Medef ist er der „Zidane der französischen Politik“. Der bayerische CSU-Politiker Stoiber hat diese Bezeichnung übernommen und ihn als besten möglichen Partner in Frankreich bezeichnet.

Die linke Opposition – von der sozialdemokratischen PS bis zur KP – hat sich längst auf Sarkozy als zentralen rechten Politiker der nächsten Jahre eingestellt. Der trotzkistische Sprecher Alain Krivine nennt ihn „noch reaktionärer, noch liberaler und noch arrivistischer als sein Vorgänger“. Er fasst zusammen: „Sarkozy ist der Bush der UMP.“

DOROTHEA HAHN