: Die neue Abschiebe-Tour
Kurz bevor vor das Zuwanderungsgesetz in Kraft tritt, schieben Schweriner Behörden politisch aktive Flüchtlinge ab. Die hätten wohl besser nicht für ein Bleiberecht gekämpft
BERLIN taz ■ Im Sommer demonstrierten hunderte von Flüchtlingen auf der „Anti-Lager-Tour“ gegen die miserablen Lebensbedingungen in den Sammel- und Abschiebelagern. Nun hat diese Tour für einige der Teilnehmer ein Nachspiel. Dem 44-jährigen Flüchtlingsaktivisten Akubuo Chukwudi aus Nigeria droht die Abschiebung.
Seit elf Jahren lebt Akubuo in Deutschland, bekam aber nie einen gesicherten Aufenthaltsstatus. Er ist in der nigerianischen Exilopposition aktiv, Mitbegründer der „Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migranten“ und prominentester Aktivist von „The Voice Refugee Forum“ – beides Betroffenengruppen, die Bleiberecht fordern. Dreimal saß Akubuo bereits in Abschiebehaft. Dort war er im Jahr 2000 an einem 25-tägigen Hungerstreik beteiligt. Danach ging er für drei Monate ins Kirchenasyl.
Die Anti-Lager-Tour, die im September auch im Flüchtlingslager Parchim (Mecklenburg-Vorpommern) Station machte, hatte Akubuo maßgeblich mitorganisiert. Sein politisches Engagement werde auch von den nigerianischen Behörden aufmerksam verfolgt, sagt ein Sprecher des Netzwerks Anti-Lager-Tour. Eine Abschiebung durch die Schweriner Behörden sei nicht zu verantworten.
Akubuo sei kein Einzelfall – in Mecklenburg-Vorpommern seien inzwischen auch andere Flüchtlinge von Abschiebung bedroht, die sich an der Anti-Lager-Tour beteiligt hatten, sagt der Netzwerksprecher. Auch die Brandenburger Flüchtlingsinitiative berichtet von „vermehrten Schwierigkeiten mit den Behörden“. Die Aufenthaltspapiere der politisch aktiven Flüchtlinge würden neuerdings nur noch für kurze Zeit verlängert.
Karsten Jagau vom PDS-Landesvorstand Mecklenburg-Vorpommern setzt die massive Zunahme von Abschiebungen in Zusammenhang mit dem neuen Zuwanderungsgesetz, das ab dem 1. Januar 2005 bei besonderen Härtefällen ein Bleiberecht vorsieht. „Nun scheinen die Länder noch möglichst viele Menschen ausweisen zu wollen“, so Jagau.
Das Netzwerk der Anti-Lager-Tour hat zu Protesten gegen die Abschiebungen aufgerufen. Wenn die Härtefallkommission am Mittwoch über Akubuo berät, wollen die Mitglieder vor dem Innenministerium in Schwerin demonstrieren. Das Netzwerk hofft aber auch auf bundesweite Unterstützung. Flüchtlingsinitiativen unter anderem aus Bremen, Berlin, Jena und Göttingen wollen heute das Innenministerium in Schwerin mit Protestfaxen überschwemmen. FELIX LEE