Wahrheit in kleinen Häppchen

Leben mit dem Virus: Seit elf Jahren betreut der Bereich „Kinder und AIDS“ der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz in Eimsbüttel Mütter, die HIV-positiv sind

Viele Frauen erfahren erst in der Schwangerschaft, dass sie HIV-infiziert sind. Wenn sie das „positiv“-Ergebnis ihres routinemäßig durchgeführten HIV-Tests in Händen halten, mischt sich die Vorfreude auf das Kind mit der Angst um das eigene Leben und der Panik davor, dass auch das werdende Kind infiziert ist.

Frauen in dieser Situation finden Hilfe bei der „Arbeitsstelle für Kinder- und Jugendschutz“ (ajs) in Eimsbüttel. Hier wird die werdende Mutter darüber informiert, welche Möglichkeiten es gibt, das Risiko einer Infektion zu verringern. “Ein frühzeitiger Kaiserschnitt kann eine Übertragung der Viren meist verhindern“, erklärt die ajs-Mitarbeiterin Sibyl Peemöller. Stillen ist tabu, denn Muttermilch gehört zu den stark virushaltigen Körperflüssigkeiten. Die Einnahme entsprechender Medikamente ist ebenfalls eine wichtige Vorbeuge-Maßnahme. „Wenn vor und nach der Geburt gezielte medizinische Behandlungen erfolgen, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass eine Mutter ihr Kind ansteckt, bei unter zwei Prozent“, führt Sibyl Peemöller aus.

Doch auch wenn das Kind keine HIV-Antikörper in sich trägt, bleibt das Leben mit dem Virus für die Mutter schwierig. Geschwister und Freunde werden aus Angst vor Überforderung und ablehnendem Verhalten häufig nicht ins Vertrauen gezogen. So sind Sibyl Peemöller und ihre Kolleginnen in vielen Fällen die einzigen Ansprechpartner zur Verarbeitung der Krankheit. Sie begleiten Betroffene zu Ärzten und Behörden, organisieren Familienfrühstücke und Infoveranstaltungen. Und sie stellen wichtige Kontakte zu Beratungsstellen, AIDS-Stiftungen und anderen Infizierten her. Im vergangenen Jahr nahmen 64 Familien mit 103 Kindern aus das Angebot der ajs in Anspruch.

Da AIDS nach wie vor tabuisiert wird, sind viele Eltern unsicher, wie sie ihren Kindern die tödliche Krankheit vermitteln sollen. „Von Lügengebilden halten wir nichts. Wir raten eher dazu, mit Umschreibungen zu arbeiten und die Wahrheit in kleinen Häppchen zu servieren“, klärt Sibyl Peemöller auf.

Ob die ajs ihrer Arbeit weiterhin nachgehen kann, erfährt sie kommenden Monat. Dann wird die Sozialbehörde verkünden, ob der Etat in Höhe von 93.340 Euro erhalten bleibt. Petra Schreiber

Die ajs (Hellkamp 68) und ist unter ☎ 040/410980-80 und www.aids-und-jugendliche.de zu erreichen