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Archiv-Artikel

Goldschimmernde Haut

Exzentrik in Serie: Seit Jahren arbeitet Rinaldo Hopf an einem homosexuellen Pantheon. Inszenierte Posen und außerordentliche Farbigkeit verbinden dabei Fotografien und Malerei

Vier Jahre lang hat er mit Idealismus und großem Elan als Kunsttherapeut in der forensischen Abteilung der Karl-Bonhoeffer-Klinik in Reinickendorf durchgehalten. 1987 gab Rinaldo Hopf schließlich ernüchtert und ausgepowert seinen Job auf. Statt weiterhin mit psychisch Kranken und Serienmördern zu arbeiten, widmete er sich fortan voll und ganz der eigenen künstlerischen Arbeit. Und ein klein wenig konnte Hopf, wie er mit einem Lächeln erzählt, die Erfahrungen aus der Klinikarbeit sogar für sich weiter nutzen: Er kriegt selbst schwierigste Modelle in den Griff.

Denn die sind nicht selten extravagant, exzentrisch und eigensinnig: Selbstdarsteller wie Hopfs ehemaliger Nachbar in New York, Quentin Crisp, Künstler wie Gilbert & George und Bruce LaBruce, Pornodarsteller, Dragkings und Dragqueens. Sie alle verbindet, dass sie durch ihren konsequenten Lebensstil gegen bürgerliche Normen verstoßen und konsequent ihren Individualismus feiern. In bisweilen herausfordernden Posen, bizarren Szenarien und erotischen Situationen hat Rinaldo Hopf seit Mitte der 90er-Jahre verstärkt sein künstlerisches wie privates Umfeld fotografiert.

Was anfangs lediglich als Ausgangsmaterial für seine Arbeit als Maler gedacht war, hat sich mittlerweile zu einer eigenständigen Ausdrucksmöglichkeit entwickelt. Durch die außerordentliche Farbigkeit ist in den Bildern des Fotografen Rinaldo Hopf, die er für den Band „Subversiv“ zusammengestellt hat, stets auch immer der Maler zu spüren. „Mich interessiert die Farbe als solche“, erklärt Hopf. Möglichst knallig dürfen sie sein, aber niemals allein zum Selbstzweck oder zur inszenierten Kitschorgie wie bei Pierre & Gilles werden. Bei Hopf kommt die Farbe gewissermaßen auf natürlichem Wege ins Bild; mal ist es Graffiti an einer Hauswand, mal der strahlendblaue Himmel, unter dem seine Modelle posieren.

Nacktheit, Erotik und Sex als Mittel der Selbstdarstellung und Selbstinszenierung sind immer wiederkehrende Motive in diesen Porträts. Charlotte von Mahlsdorf bestellte den Fotografen in einen S/M-Club, um sich dort von einem Geliebten gepflegt den Hintern versohlen zu lassen. Comiczeichner Ralf König vergnügt sich inmitten der Abrisshalden der verfallenden ehemaligen Russischen Kaserne in Karlshorst in einem Businessanzug mit einem Lederkerl.

Ein Modell hat der 1955 geborene und in Freiburg aufgewachsene Rinaldo Hopf in den vergangenen Jahren oft und unterschiedlich fotografiert, zu sehen in einer Ausstellung des Schwulen Museums: rund 75 Porträts seines Lebensgefährten Fox. 75 private Momentaufnahmen, arrangierte Posen und Aktbilder aus neun Jahren, die nicht nur eine besondere Intimität widerspiegeln, sondern „fast noch verblüffender“ die Persönlichkeitsfacetten eines einzelnen Menschen und offensichtlich äußerst wandlungsfähigen Models einfangen und zugleich die Inszenierung und Ironisierung von Männlichkeit zum Thema haben.

Rinaldo Hopf denkt und arbeitet in seiner Malerei zumeist in großen Serien. Bei „Golden Queer“ errichtete er mit Bildern homosexueller Ikonen gewissermaßen einen schwullesbischen Pantheon, in „Golden Puberty“ sind es seine Idole der Jugend „von Callas und Che Guevara bis Winnetou“, die er auf großen Fahnen malte. Der Begriff „Golden“ ist dabei sehr wörtlich zu nehmen: Hopf arbeitet mit Blattgold. Blattgold habe sich als gute Möglichkeit erwiesen, Haut darzustellen. Inzwischen sind seine goldenen Porträts eine Art Markenzeichen geworden.

Zudem kommt Blattgold seiner Methode, stets mit verschiedenen Bildschichten zu arbeiten, sehr entgegen. Porträts von Schriftstellern entstehen auf Buchseiten, wie etwa das Geschwisterpaar Erika und Klaus Mann für die Bar Reingold. Als Untergrund dienen ihm aber auch eigene Siebdrucke und Kinoplakate. Mit seiner Lust am Zitat und an der dekorativen Oberfläche erinnert Hopf an Künstler wie Roy Lichtenstein und Andy Warhol.

Derzeit entsteht eine Aquarellserie lebensgroßer Aktporträts, ein Querschnitt durch die Bevölkerung, vom Kind bis zum Greis. Wieder einmal soll es eine große Serie werden, 100 Bilder sind geplant. „Damit“, sagt Hopf mit leichter Selbstironie, „bin ich erst mal eine Weile beschäftigt.“

AXEL SCHOCK

Rinaldo Hopf: „Subversiv“, mit Texten von Ralf König und Thomas Sokolowski, Konkursbuch Verlag, 24,90 Euro. „Amore“, Schwules Museum, Mehringdamm 61, tägl. außerDi. 14–18 Uhr, bis 14. 2. 05