: Vom Nullpunkt zur Zielvorstellung
Im Sog der Kulturhauptstadt-Bewerbung: Die Bremer Off-Szene gründet die Initiative „Commplot (open)“
Vor der konkreten Idee gibt es die Entscheidung für den Ort. „Die Stadt hat an zentraler Stelle ein Loch“, so Stefan Uhlig vom Haus im Park, hat einen Ort, den jeder kennt und der doch Niemandsland ist. Gemeint ist das Areal zwischen der Hochstraße und den Straßenbahnhaltestellen auf dem Bahnhofsvorplatz, die Fläche, auf der bis vor kurzem noch die Fahrräder parkten.
Ein Knotenpunkt, der im Herbst 2004 Schauplatz eines Kunstprojektes werden soll, realisiert von sechzehn freie KünstlerInnen und VertreterInnen kleinerer Institutionen. Die haben sich kürzlich zusammengeschlossen zu der Initiative „Commplot (open)“ und sind entstanden im Sog der Bremer Bewerbung für den Titel „Kulturhauptstadt 2010“: Bereits vergangenen Mai versammelten Susanne Hinrichs (Galerie im Park) und Stefan Uhlig KünstlerInnen der Off-Szene, um gemeinsam ein Projekt für die Kulturhauptstadt-Bewerbung auf die Beine zu stellen. „Commplot“ ist nun ein Ergebnis der damaligen Bemühungen, ein spartenübergreifendes Bündnis, in dem beispielsweise der Schlachthof, das Künstlerhaus Güterabfertigung, das Kubo, das Theaterkontor und etliche Einzel-Aktive zusammenarbeiten wollen.
Allerdings: Ein gemeinsames und dabei nachhaltiges Thema, so Hinrichs, habe man bei den bisherigen Diskussionen nicht finden können – und möchte nun die Unterschiedlichkeit der Vorstellungen produktiv machen. „Wir sind an einem Nullpunkt angekommen, von dem aus wir Fragen stellen wollen. Dabei bedienen wir uns der Methode des ‚Open Space‘.“ Vorgegeben ist lediglich ein Zeitrahmen und gearbeitet werden soll rund um die Frage, wie sich eine Stadt als ein kultureller Prozess begreifen lässt – nachdem die alte Vorstellung der Stadt als Handels- und Wirtschaftsknotenpunkt zunehmend an Boden verliert.
Dabei soll größtmögliche Offenheit herrschen, um „Fragen zuzulassen, aus denen sich gemeinschaftliche Zielvorstellungen ableiten lassen“, so Uhlig. Die Vorhaben der „Commplot“-Schaffenden sollen dann „durch eine Intendanz miteinander verkoppelt werden.“ Hinrichs: „Das erfordert Mut, die Einzelbeiträge immer wieder zugunsten des Ganzen zurückzunehmen.“
Was konkret entstehen soll im Herbst 2004 am Bahnhofsvorplatz, das ist noch völlig offen. Von einem „Postamt, auf dem Leute ihre Sinnfragen aufgeben können“ ist die Rede, oder von einem „Friedhof der verlorenen Träume“. Detlef Roth vom Kubo sieht diese Offenheit als „Antwort“ auf die vorläufige Kulturhauptstadt-Konzeption: „Wir machen etwas, von dem wir noch nicht wissen, wie es aussieht.“ Martin Heller, der Intendant der Bremer Bewerbung, habe jedenfalls ein „konkrete Zusage“ gegeben, so Hinrichs, „dass wir Unterstützung erfahren in Sachen Öffentlichkeitsarbeit. Wir stehen in einem kontinuierlichem Austausch.“ Klaus Irler