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Archiv-Artikel

Kölner unter Generalverdacht

Mit der „Aktion Wintercheck“ will die Polizei Köln sicherer machen. Bei ersten Massenkontrollen hat sie auch Illegalisierte erwischt. Der Kölner Flüchtlingsrat fordert jetzt Aufklärung über deren Schicksal

Von Dirk Eckert

„Razzia in Großraum-Spielhalle“ – solche Meldungen dürfte es in nächster Zeit noch öfters in Köln geben. „Aktion Wintercheck“ nennt die Polizei ihre neue Kampagne. In ausgewählten Stadtteilen – Ehrenfeld, Mülheim, Kalk und Innenstadt – führt sie gemeinsam mit Stadt, KVB und Bundesgrenzschutz bis zum 19. März unter anderem Fahrkarten-, Verkehrs- und Personenkontrollen, aber auch Observationen und Durchsuchungen durch. „Es sind zunächst Stadtteile ausgesucht worden, die gerade zur dunklen Jahreszeit besonders auffällig in Bezug auf Straftaten und Unfälle sind“, begründet die Polizei ihre Auswahl.

Das ehrgeizige Ziel der Ordnungshüter: Bis 2010 soll Köln die „sicherste Millionenstadt“ werden. „Vision 2010“ nennt die Polizei das. Mit „gezielten und kontrollierten Maßnahmen“ sollen die Kriminalitäts- und Unfallzahlen gesenkt und „das Sicherheitsgefühl der Kölnerinnen und Kölner“ gestärkt werden. Um deren „Mithilfe“ wirbt die Polizei, unter anderem mit einem eigens entwickelten Plakat „Helfen Sie mit“ und einem neuen Polizeilogo: „Unsere Vision 2010 – sicherste Millionenstadt“ steht darauf.

Größere Kosten verursacht „Wintercheck“ laut Polizei nicht. Die Kampagne ist Teil des normalen Dienstes der Beamten – mit dem Unterschied, dass die Polizei jetzt „ortsgenau, übergreifend koordiniert und langfristig, also anhaltend“ agieren will. Vorausgegangen war eine größere Umstrukturierung bei der Polizei, die im Juni abgeschlossen wurde. Dadurch sollten mehr Polizisten „auf die Straße“ gebracht und die Arbeitsabläufe optimiert werden. Mit „Aktion Wintercheck“ wird die neue Arbeitsstruktur nun erstmals in großem Stil angewendet.

Pressewirksam wurden gleich am ersten Tag 301 „Knöllchen“ für Falschparken und anderes ausgestellt, die Polizei überprüfte nicht weniger als 1.300 „Verdächtige“. Am Abend wurde dann noch eine Großraum-Spielhalle am Rudolfplatz „umstellt“, so der Polizeibericht, 150 Personen wurden kontrolliert. „Wir reagieren nicht mehr, wir agieren“, so Sprecher Wolfgang Baldes.

Der Erfolg der Aktion: 55 Personen wurden vorläufig festgenommen. Gegen einige lagen Haftbefehle vor, andere wurden mit illegalen Drogen erwischt oder hatten Diebstähle begangen. Ins Netz gingen der Polizei auch einige illegal hier lebende Menschen. Dabei hatten Kölner Flüchtlingsorganisationen erst im Oktober mehr Zurückhaltung von Polizei und Ordnungsbehörden gegenüber „Illegalen“ gefordert: Statt die rund 25.000 Menschen, die nach groben Schätzungen im Großraum Köln leben, weiter zu kriminalisieren, solle Köln sich an Städten wie München und Freiburg orientieren und den Illegalisierten Hilfen anbieten (taz berichtete).

Claus-Ulrich Prölß vom Kölner Flüchtlingsrat fordert jetzt von der Polizei Aufklärung darüber, was mit den festgenommenen „Illegalen“ passierte. „Die Polizei muss offen legen, um welche Personengruppen es sich eigentlich handelt“, sagte er der taz. Verärgert zeigte sich Prölß darüber, dass zwar die Ausländerbehörde, nicht aber der Flüchtlingsrat von der Polizei einbezogen wurde. Den aus der Kfz-Sprache entnommenen Begriff „Wintercheck“ nannte er „ziemlich zynisch“: „Es geht hier nicht um kaputte Teile, es geht um Menschen.“ Die Polizei habe die Problematik Illegaler offenbar nicht mal ansatzweise angemessen erfasst, kritisierte er.