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Archiv-Artikel

Laub harken statt Essen machen

Beschäftigungsträger alarmiert: Wirtschaftsbehörde und Arbeitsagentur vergebenEin-Euro-Jobs an Billiganbieter und drücken bei Qualitätsstandards ein Auge zu

Bei der Auswahl der Ein-Euro-Jobs, zu denen ab Januar Arbeitslose antreten müssen, verantwortet die Wirtschaftsbehörde „gravierende Mängel“. Diesen Vorwurf erheben Hamburger Beschäftigungsträger nach einer Sitzung des Hartz-IV-Ausschusses der Bürgerschaft, wo der Senat diese Woche seine Pläne für die Billigarbeit skizzierte. Auswahlkriterium für die Jobanbieter, die auch Qualifizierung vermitteln sollen, ist demnach der Preis. „Das ist der GAU“, so Petra Lafferentz vom Beschäftigungsträger Alraune, der Stadtteiltreffs unterhält. Alraune droht wie viele andere etablierte Beschäftigungsträger leer auszugehen, weil sie der Stadt zu teuer sind. In einem Brief an Bürgermeister Ole von Beust (CDU) warnte Lafferentz vor einer Pleitewelle und „400 zusätzlichen Arbeitslosen“.

Der Wirtschaftsbehörde und der Arbeitsagentur, welche die Hartz-IV-Gesetze umsetzen, wurden von 99 Trägern insgesamt 19.300 Ein-Euro-Jobs angeboten, rund 8.300 davon sollen ausgewählt werden. Welche Träger profitieren, gibt die Wirtschaftsbehörde nächste Woche bekannt. Bei der Auswahl zählt zu 60 Prozent der Preis und zu 40 Prozent die Qualität. „Die Fachlichkeit wurde nicht bedacht“, rügte Ulli Dressler vom Träger „Passage“, der ein Café in der Rathauspassage betreibt. So kämen bei dem Verfahren nur Anbieter mit „Dumpingpreisen“ zum Zuge, die den Jobbern weder Betreuung noch Qualifizierung bieten oder Produkte herstellen – obwohl der Gesetzgeber die Maßnahme als Integration in den Arbeitsmarkt anpreist.

Weil Hamburg offenbar zu dem Bundeszuschuss von 500 Euro pro Job nichts zuzahlen will, können Träger mit eigenen Betriebsstätten beim Bieten nicht mithalten, kritisierte auch Manfred Gans vom Jenfelder Träger „Quadriga“, der Frühstück in Schulen bringt. Weil ab 2005 die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen gestrichen sind, stünde „Quadriga“ ohne Zuschlag für die Billigjobs vor der Insolvenz. „Große Teile der sozialen Infrastruktur des Stadtteils“, so Gans, fielen weg.

Von der Niedrigpreispolitik des Senats drohen nur reine Personalverleiher in der Dienstleistungsbranche zu profitieren, warnte auch GALier Hans-Jürgen Sievertsen: „Statt Laub harken müssen aber auch teurere Gewerke finanziert werden.“ Zugleich bemängelte er, dass die Kontrolle der gesetzlich verbrieften Zusätzlichkeit der Jobangebote bei den Trägern selbst liegen soll: „Da müsste ein Instrument zur Überprüfung her.“

Die Wirtschaftsbehörde gibt indes zu, „dass wir dafür kein Geld und keine Leute haben“, so Sprecher Christian Saadhoff. Und bei der Trägerauswahl sei der Preis ein „wichtiges Kriterium“, weil das Gesetz die Eingliederung in Arbeit „unter Beachtung der Grundsätze von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit“ vorschreibe. EVA WEIKERT