zahl der woche : Wenn Dosenfreunde rechnen
Was ist es denn nun, das Dosenpfand: ein Arbeitsplatzkiller oder ein Jobgarant? Wenn man den 2.000 Demonstranten aus der Verpackungsindustrie glauben will, die diese Woche durch Berlins Straßen zogen, dann gefährdet das Zwangspfand nächstes Jahr 25.000 Arbeitsplätze – zumal auch Fruchtsäfte künftig pfandbeglückt werden sollen.
Doch einen solchen Kahlschlag befürchtet nicht einmal die Schweizer Prognos AG, die im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums ein Gutachten zum potenziellen Arbeitsplatzkiller erstellt hat – und im Jahr 2004 etwa 9.700 Jobs dahinschwinden sieht.
Die Deutsche Umwelthilfe hält solche Schreckensszenarien für Humbug. Denn sie hat bereits für dieses Jahr – dank Dosenpfand – ein Arbeitsplatz-Plus von 14.400 Stellen errechnet. Und was nun? Wer von den 14.400 möglichen neuen Jobs die 9.700 gefährdeten abzieht, ermittelt ein Plus von 4.700.
Bleibt die Frage, warum die Prognos AG und die Deutsche Umwelthilfe auf solch unterschiedliche Zahlen kommen? Haben sich die Schweizer verrechnet oder ist die Umweltlobby – berauscht durch den Dosenpfandsieg – einfach zu optimistisch? Weder die eine noch die andere Seite kann das Ergebnis des Gegenparts nachvollziehen. Denn während die Prognos AG auf Einbußen für Getränkehersteller und Verpackungsunternehmen verweist, setzt die Deutsche Umwelthilfe auf Neuinvestionen und auf schlichtweg mehr Arbeit durch Mehrweg. Allein Coca-Cola soll in Deutschland bereits 2,5 Millionen Euro für das PET-Mehrwegsystem ausgegeben haben.
Uneinigkeit gibt es auch darüber, wie das pfandbedingte Jobszenario genau zu ermitteln ist. Die Deutsche Umwelthilfe befragte 95 Unternehmen der Branche zu ihrer Arbeitsplatzsituation und rechnete dann hoch. Die Prognos AG entwickelte hingegen anhand von Daten des Statistischen Bundesamtes ein gesamtwirtschaftliches Zukunftsmodell. Klingt interessant: Kann man das mal sehen? Nein, bedauert die Prognos AG. Der Auftraggeber, das Bundeswirtschaftsministerium, hat die Veröffentlichung der Studie verboten.
BETTINA GARTNER