: Kita-Kids allein zu Hause
Neue Horrorzahlen: 1.500 bis 3.000 Beschäftigten bei den Hamburger Kindertagesstätten droht ab Januar der Verlust ihrer Arbeitsplätze. Kita-Bündnis und Opposition kündigen vehemente Gegenwehr an
Von Kaija Kutter und Marco Carini
Alles ist noch schlimmer: Die Hamburger Sozialbehörde geht davon aus, dass im kommenden Jahr nicht weniger als zehn Prozent aller MitarbeiterInnen der Hamburger Kindertagesstätten entlassen werden müssen. Das gab der zuständige Kita-Abteilungsleiter Anselm Sprandel am Freitagabend in einer Sondersitzung des bürgerschaftlichen Haushaltsausschusses auf Nachfrage der Opposition erstmals zu. „Bei etwa 15.400 Beschäftigten insgesamt bedeutet dies, dass 1.500 bis 1.600 Menschen infolge der Kita-Kürzungen ihre Arbeit verlieren“, rechnet die SPD-Abgeordnete Andrea Hilgers vor.
Dass mit dem Verlust von über anderthalb Tausend Arbeitsplätzen das Ende der Fahnenstange schon erreicht ist, bezweifeln die großen Kita-Verbände. Sie gehen von einem Verlust von gar 2.500 bis 3.000 Jobs aus. Zu den 800 Arbeitsplätzen, die bei der städtischen Kita-Vereinigung vor allem im Hausarbeitsbereich zur Disposition stehen (taz berichtete), kommen nach dieser Berechnung noch einmal rund 1.250 Jobs hinzu, die die Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (AGFW) nach eigenem Bekunden abbauen müsste, sollte der Kita-Etatentwurf des Senats vom Parlament beschlossen werden.
Doch damit noch immer nicht genug: Zwischen 500 und 1.000 Planstellen sind bei den Kitas des alternativen Wohlfahrtsverbands „Soal“ bedroht. „Es geht hier um bis zu 3.000 Arbeitsplätze – das sind Dimensionen, wie sie beim Bochumer Opel-Werk diskutiert werden“, erläutert Ronald Prieß vom „Bündnis der Hamburger Kita-Beschäftigten“ die Dimension des zu befürchtenden Stellenabbaus.
Um diesen Kahlschlag zu verhindern, fordert die SPD in den bevorstehenden Haushaltsberatungen eine erhebliche Aufstockung des Kita-Etats: Um 50 Millionen auf dann 371 Millionen Euro. Ohne diese Finanzspritze würde, prognostiziert Hilgers, „die Qualität der frühkindlichen Bildung, Erziehung und Betreuung in Hamburg erheblichen Schaden nehmen“. Denn die Massenentlassungen würden zwangsläufig zum „Abbau von Plätzen und Betreuungsqualität“, aber auch zur „Schließung von Einrichtungen“ führen.
Um die Jobs der besonders bedrohten Hausarbeitsplätze zu sichern, fordert Hilgers zudem eine „Kooperation im Küchenbereich zwischen Kita und Schule“. Denn die Ausweitung des Rechtsanspruchs auf einen Kitaplatz von vier auf fünf Stunden inklusive Mittagessen und die durch Bundesmittel geförderte Umwandlung vieler Schulen zu Ganztagsschulen mit erhöhtem Verköstigungsbedarf für die PennälerInnen, bedeute eine erhöhte Nachfrage gerade bei der Zubereitung von schmackhaften, warmen Nahrungsangeboten.
Das „Hamburger Bündnis der Kita-Beschäftigten“ setzt unterdessen auf sichtbare Gegenwehr auf der Straße. Zwar gebe es anders als beim Opel-Konflikt für die auf viele hundert Arbeitsstätten verteilten Kita-Beschäftigten kein zentrales Werkstor, an dem sie ihren Protest ausdrücken könnten, zieht Bündnis-Sprecher Ronald Prieß noch einmal die Parallele zwischen den Bochumer Automobilherstellern und den Hamburger Kita-MitarbeiterInnen. Doch trotz dieser logistischen Probleme sei, so Prieß, für Ende Januar oder Anfang Februar eine erneute Arbeitsniederlegung möglichst vieler Kita-Beschäftigter im Gespräch.
Soweit diese dann noch eine Arbeit haben, die sie niederlegen können.