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Archiv-Artikel

Kein Mittagessen mehr auf der Farm

Die Jugendfarm Habenhausen muss ihr Angebot eines Mittagstisches für Schulkinder streichen, wenn die wegfallende ABM-Stelle nicht ersetzt wird. Im Sozialressort wird die Verantwortung für das Problem hin- und hergeschoben

Von Kawe

Bremen taz ■ Es ist vier Uhr an einem schönen Winternachmittag, Rebecca pflegt den Esel, Florian fährt mit der Schubkarre Heu in den Stall, Hühner und Gänse laufen unbeirrt dazwischen herum, der Lärm des Autobahnzubringers scheint niemandem aufzufallen – die Jugendfarm Habenhausen ist eine kleine Oase in der Großstadt.

Dutzende von Kindern zwischen vier und vierzehn Jahren kommen hier jeden Tag hin, vielfach Kinder, bei denen tagsüber niemand zu Hause ist. Natürlich gehört heute „therapeutisches Reiten“ zum Angebot, aber auch das einfache Spielen und Arbeiten auf dem Kinderbauernhof kann man im Vergleich zu den Spielmöglichkeiten, die Kinder sonst in Obervieland haben, als pädagogischen Glücksfall betrachten. Und für manches dieser Kinder ist das Kaninchen, dessen Patenschaft sie hier übernehmen können, die sie für regelmäßiges Füttern und Streicheln verantwortlich macht, eine stabilere Beziehung als das, was sie zu Hause erfahren könnten.

Dazu gehört das Angebot eines warmen Mittagessens. „Hier kommen einige mit ihrem Schulranzen an. Wir helfen dann auch bei den Hausaufgaben“, sagt Susanne Molis, seit 1990 die stabile und feste Kraft auf der Jugendfarm. Gestern gab es das letzte Mal Mittagessen – fürs Erste. Denn die Finanzierung läuft aus. Wie die Jugendfarm selbst nach ihrer Gründung vor 19 Jahren gibt es das Mittagessen-Angebot seit drei Jahren nur, weil es eine ABM-Kraft gab – für die Küche. Die ABM-Stellen sollen nun stärker ihrem eigentlichen Zweck dienen, den Zugang auf den „ersten Arbeitsmarkt“ zu ebnen, sagt das Arbeitsamt. Das bedeutet für die Jugendfarm: Ende des Jahres läuft die Stelle aus, Ende des Jahres ist Schluss mit dem Mittagstisch-Angebot.

Im Stadtteil gibt es viel Solidarität mit der Jugendfarm, alle Parteien von CDU bis zu den Grünen sind sich da einig. Deswegen gab es aus dem „Ausgleichskonzept“-Topf für die Stadtteil-Jugendarbeit einen einmaligen Zuschuss für die letzten Monate. Einstimmig unterstützte der Beirat Anfang Dezember die Forderung der Jugendfarm nach einer stabilen Finanzierung des Essensangebotes. Aber die Kriterien des Topfes „Ausgleichskonzept“ erfüllt der Mittagstisch eigentlich nicht, eine andere Stelle des Sozialressorts wäre zuständig – „Offene Hortangebote“ der Haushaltstitel. So lehnte der Ausschuss, der die Mittel im Stadtteil vergibt, den Antrag der Jugendfarm Anfang der Woche ab.

Aber der Topf für „Offene Hortangebote“ ist leer, sagt die Sozialsenatorin. Die Jugendfarm Gröpelingen hat ein Hortangebot, auch auf der Jugendfarm Huchting gibt es ein aus diesem Topf finanziertes Mittags-Angebot. Niemand stellt in Abrede, dass das „warme Essen“ zu einer Jugendfarm hinzugehört. Auch einzelne der 16 Kinder aus dem Farm-Kindergarten würden hier eventuell angemeldet.

Mit zwei Euro pro Essen bezahlen die Kinder die Lebensmittel selbst, die Stadt müsste die Personalkosten tragen. Aber bei der Frage, wer die Finanzierung trägt, wird das Thema seit einem Jahr wie ein Wanderpokal weitergeschoben. „Es fühlt sich keiner verantwortlich“, sagt Molis.

Am 5. Januar öffnet die Jugendfarm wieder. Die Köchin ist dann weg. Zehn oder fünfzehn Kinder werden mittags vor dem Tor stehen. „Wir können die Kinder doch nicht auf die Straße setzen.“ Susanne Molis ist eine von denjenigen, die nie ihre Hoffnung aufgeben. Kawe

Infos: www.jugendfarm-bremen.de