Kühe und Käseräder

Auf dem Boschenhof im Allgäu wirtschaftet eine Kommune mit 20 Erwachsenen und reichlich Kindern. Ihr Käse kommt bis ins Flachland

Einfach ist er nicht, der Zugang zum Boschenhof. Jedes Mal wenn man dort anruft ist jemand anderes am Telefon, und der weiß von gar nichts. Überhaupt sind die Allgäuer nicht sehr gesprächig, aber arbeiten, das können sie. 40 Kühe müssen jeden Tag gemolken werden, und dann kommt noch die Verarbeitung: „Wir verkäsen 200.000 Liter Kuhmilch jährlich“, erzählt Ulla Hoffmann. Wer nachrechnet, wird feststellen, dass das nicht die 40 Kühe alleine schaffen, sondern auch noch die Herde des Nachbarn alles hergibt, was die Käserei verlangt. In zwei riesigen Kupferkesseln werden 1.200 Liter auf einmal gerührt.

Ulla Hoffmann ist von Anfang an dabei. Ganz genau seit 1985. Da übernahmen sie, ihr Mann und noch ein paar andere Idealisten den Hof, um ihr Landleben mit Tier, Gemüse und Getreide zu verwirklichen. Kühe und Schweine zogen alsbald ein, und auch ein Kind nach dem anderen wurde in das bunte Treiben geboren. Allein Ulla Hoffmann hat sechs zur Welt gebracht. Zwei von ihnen wohnen mittlerweile in Berlin, wo unter anderem der Käse auch auf Märkten verkauft wird.

Butterkäse, Allgäuer Reblochon, Sennkäse, Rohmilch- und natürlich Allgäuer Bergkäse. Auf letzteren sind die Käser vom Boschenhof besonders stolz, weil sie ihn mit geschützter Ursprungsbezeichnung verkaufen dürfen. Dieses Zertifikat steht für Qualität und entspricht in etwa dem französischen Käse-Qualitätssiegel A.O.C.

Der Allgäuer Sennkäse jedenfalls schmeckt auch nach der langen Reise im Spankörbchen noch prima, und auch der Rohmilchkäse Filou kommt herrlich cremig über die Zunge. Der Reblochon, ausschließlich aus melkwarmer Morgenmilch hergestellt, ist mild und erinnert fast an einen Frischkäse.

Jung ist der Allgäuer Bergkäse mindestens vier Monate gereift, als alt gilt er nach mindestens neun Monaten. Außer Naturlab, Speisesalz und Sirtenkultur, die aus eigener Milch gezogen wird, werden auf dem Boschenhof keine Zusätze beim Käsen verwendet. Im Keller des Bauernhauses reifen die Käseräder dann entspannt vor sich her, während oben drüber immer mal wieder ein Schwein zu Salami oder Dauerwurst verarbeitet wird. Oder ein Huhn in den Kochtopf wandert.

25.000 Kilo Käse produziert der Demeter-Betrieb im Jahr. Die 50-jährige Ulla Hoffmann ist zufrieden. Hühner, Pferde, Schweine und nicht zuletzt die Kühe machen jede Menge Mist. „Der ist besser, wenn er gemischt ist“, also von vielen verschiedenen Tieren stammt, weiß sie. Und das kommt der Landwirtschaft wieder zugute. So dreht sich alles im Kreis. SOPHIE BAUER

Boschenhof, Boschen 4, 88299 Leutkirch, Tel. (0 75 67) 584, Fax (0 75 67) 273. Weitere Informationen: www.kaeserei-boschenhof.de