: Trainer trifft Trauma
Ralf Rangnick trampelt mit der Aussage, nicht unbedingt Meister werden zu müssen, auf der Schalker Gefühlswelt herum. Der Herbstmeistertitel ist durch das Unentschieden gegen den SC Freiburg futsch
AUS GELSENKIRCHENDANIEL THEWELEIT
So ganz ist Ralf Rangnick noch nicht angekommen auf Schalke. Zwar ist seine Bilanz weiterhin beeindruckend, von elf Meisterschaftsspielen hat er neun gewonnen, am Samstag gegen den SC Freiburg erstmals unentschieden gespielt. Doch viele schüttelten den Kopf, als der Trainer seine Meinung zur verpassten Herbstmeisterschaft zum Besten gab. „Wenn ich jetzt unterschreiben könnte, dass wir Zweiter werden und für die Champions-League qualifiziert sind, dann würde ich das sofort machen. Dann wäre mir Wurst, wer Meister ist“, sagte Rangnick ohne die Wirkung dieser Worte wahr zu nehmen. Schon vor dem Spiel hatte er gesagt, „Hausmeister, Bademeister, Herbstmeister“, es gehe um die drei Punkte gegen den SC Freiburg, nicht um den Tabellenplatz.
Der Mann geht ein wenig leichtfertig um mit dem Begriff „Meister“. Der besitzt nämlich auf Schalke eine ganz besonders tief verwurzelte Bedeutung. „Meister“ steht für das größte Trauma, der jüngeren Klubgeschichte und dieses kann eben ausschließlich mit dem Gewinn der Schale überwunden werden. Deshalb ist es keineswegs Wurst, wer Meister wird, wenn die Schalker Zweiter werden. Dass die Bayern schon wieder auf Platz eins stehen, und das auch noch durch ein Tor in allerletzter Minute, passte schon gleich gar nicht. Genau das war Schalke 04 nämlich am Samstag widerfahren, und als einige Freiburger Fans begannen vom „Herbstmeister der Herzen“ zu faseln, ernteten sie wütende Blicke auf dem Heimweg.
Die Spieler haben das verstanden, obwohl Ebbe Sand der einzige ist, der von den Gedemütigten von 2001 noch mitspielt. „Wir wollen im Mai oben stehen. Da hilft den Bayern auch ihr Herbstmeistertitel nicht“, sagte Hamit Altintop entschlossen, und Torschütze Mladen Krstajic ergänzte, „wenn es jetzt nicht geht, dann geht es eben nicht, aber wir haben noch 17 Spiele“. Das Unentschieden gegen den Tabellenletzten aus Freiburg hatte man nicht eingeplant in Gelsenkirchen, die Leistung war mäßig, und die Mannschaft hatte nach Krstajics Führungstor (24.) zu viele Chancen auf ein weiteres Tor vergeben. Vor allen Dingen das zuletzt überragende Mittelfeld mit Levan Kobiashvili, Christian Poulsen und Lincoln blieb an diesem Nachmittag ohne geniale Momente, Kobiashvili musste auch lange in der Viererkette spielen, Niels Oude Kamphuis hatte seinen Part in der Zentrale übernommen. Außerdem wirkte Ebbe Sand erschöpft, und Ailton ist ohne die nötigen Pässe wenig wirksam. Trotzdem wiegte sich die Mannschaft lange in Sicherheit, angesichts des als harmlos geltenden Gegners und der Zwischenstände aus dem Münchner Olympiastadion, wo Bayern zurück lag. Selbst als Roda Antar in der 86.Minute ausglich, war man noch Herbstmeister doch dann kam die Kunde aus München, die weniger als Tatsache, denn als Katalysator für ungeliebte Erinnerungen schmerzte.
„Wir wollen zu hause immer zaubern und Hacke, Spitze eins-zwei-drei spielen. Das klappt aber meistens nicht“, monierte Frank Rost ärgerlich, allerdings wirkte die Mannschaft einfach ausgelaugt nach nunmehr 32 Pflichtspielen in der ersten Saisonhälfte. Deshalb war der Blick dann auch relativ schnell wieder auf das Gesamtwerk des Halbjahres gerichtet. „Nach den ersten Saisonspielen, dachten einige Leute, dass wir absteigen, dafür haben wir eine wirklich tolle Hinrunde gespielt“, meinte Gerald Asamoah und Rangnick forderte, „man solle das alles jetzt globaler sehen“. Und da stehen sie einfach gut da im Augenblick, was noch untermalt wurde von der Meldung, dass Bremens Fabian Ernst im Sommer kommt und einen Vertrag bis 2010 auf Schalke unterschrieben hat. Nur für ein mögliches Fernduell am 34. Spieltag zwischen Bayern und Schalke haben sich allerdings die Bayern an diesem Nachmittag einen kleinen psychologischen Vorteil ergattert.