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Archiv-Artikel

Veedel-Geschichten auf hauseigener Frequenz

Seit zehn Jahren hat das Riehler Seniorenheim einen eigenen Fernsehsender. Die „Silberdistel“ sendet mehrmals wöchentlich und wird von alten Menschen für alte Menschen gemacht. Der Kanal unterhält, bildet und informiert

Köln taz ■ Friederike Abeles ist 85 Jahre alt und lebt im städtischen Seniorenzentrum in Köln-Riehl. Das Fernsehen ist für sie das Tor zur Welt, das informiert und bildet, unterhält und ablenkt. Ganz besonders aber freut die gehbehinderte Frau sich, wenn dreimal in der Woche die „Silberdistel“ sendet.

Der hauseigene Fernsehsender produziert seit zehn Jahren Videos mit Geschichten aus dem Seniorenzentrum, dem Veedel vor der Tür oder anderen Kölner Stadtteilen. Über das normale TV-Kabelnetz werden die Beiträge dann auf einer eigenen Frequenz gesendet und können von den ungefähr 1.400 Personen im Seniorenzentrum empfangen werden.

Sieben Seniorinnen und Senioren bilden das Team der „Silberdistel“, nach eigenen Angaben der einzige Altenheimsender Deutschlands. Erna Wermann war von Anfang an dabei und weiß, wie die Hobbyfilmer zu ihrem Namen kamen. „Wir haben alle silbergraue Haare und sind alte Menschen, wir können aber trotz unseres Alters noch stechen und uns wehren wie eine Distel“, erzählt die 87-Jährige. Sie moderiert souverän die Sendungen, interviewt Oberbürgermeister Fritz Schramma oder Zoodirektor Gunther Nogge, der als Freund und Nachbar das Team auch regelmäßig zu den offiziellen Presseterminen einlädt.

Darüber und auch über die Anerkennung, die die Laien von den Profis bekommen, freuen sich die rüstigen Alten sehr und präsentieren stolz Zeitungsberichte und eigene Fernsehauftritte. „Wir waren sogar bei Stefan Raab und haben den goldenen ,Ehren-Raab‘ bekommen“, freut sich Karl Hilke. Der 66-Jährige ist technischer Leiter beim Seniorensender. Zu seinem „Job“ bei der Silberdistel kam der Rentner, der nicht im Altenheim wohnt, rein zufällig. „Eigentlich wollte ich einen Gymnastikkurs besuchen, habe mich aber in der Tür geirrt und landete beim Silberdistel-Team“, erzählt er.

Die Leitung des Riehler Seniorenzentrums schätzt den hauseigenen Fernsehsender. „Die Silberdistel ist in doppelter Hinsicht eine ganz wichtige Sache für uns“, sagt Heimleiterin Gabriele Patzke. Zum einen böte die Mitarbeit beim Sender den älteren Menschen eine sinnvolle Beschäftigung und zum anderen könnten die bettlägerigen Bewohner des Zentrums dadurch auch an ihrer unmittelbaren Umgebung teilhaben.

Denn die Silberdistel ist natürlich live dabei, wenn im Seniorenheim gefeiert wird. So wurde in diesem Jahr beispielsweise die Adventsgala direkt übertragen. Im Januar geht es weiter mit „Kölsche Klaaf“ und pünktlich zu Karneval gehen die Silberdisteln auf Tour. Dann steht die Sitzung der Ehrengarde auf dem Programm. Christiane Martin