: Jürgen in der Pflicht
Wegen des Streits um das Endlagergesetz mucken Niedersachsens Grüne gegen ihren Umweltminister auf
Grün gegen Grün – dieses Spektakel bietet die kleine Partei nicht mehr oft, seit sie es zu mehreren Ministern und Regierungsämtern gebracht hat. Umso ungewöhnlicher ist der neue Ton gegenüber ihrem Bundesumweltminister. Jürgen Trittin hatte jüngst vor der Landtagsfraktion in Hannover einräumen müssen, dieses Jahr werde es nicht mehr – entgegen seiner Ankündigungen – zu einem Gesetz kommen, das die ergebnisoffene Suche nach einem Endlager für Atommüll in Deutschland festschreibt. Nicht nur, dass mit Rücksicht auf die SPD nicht mehr vor der Wahl in Nordrhein-Westfalen Pflöcke eingeschlagen werden sollten. Auch das Bundeskanzleramt blockiere – befeuert von der Energieindustrie, die in die Erkundung Gorlebens bis jetzt 1,4 Milliarden Euro steckte. Trittin selbst hatte den für eine Erkundung großzügig geratenen Salzstock als atomrechtlich nicht genehmigten „Schwarzbau“ bezeichnet.
„Sehr beunruhigt“ äußerte sich am Wochenende in Berlin die grüne Bundesarbeitsgemeinschaft Energie über die Trittin’schen Volten. Und wies „nochmals auf die Dringlichkeit eines solchen Gesetzes“ hin. „Politische Klarheit und Glaubwürdigkeit“ müssten „Vorrang vor Koalitionsdiplomatie“ haben. Immerhin hatte man Atomkraft-Gegner nicht nur aus dem Wendland bis zuletzt damit befriedet, eine neue Suche biete die Chance, dass die Region nicht zum Atomklo Deutschlands verkomme.
„Jürgen ist in der Pflicht“, ärgert sich der atompolitische Fraktionssprecher Andreas Meihsies. Inzwischen sind zwischen Hannover und Berlin die Drähte heiß gelaufen, Fraktionschef Stefan Wenzel meldete sich bei Parteichef Reinhard Bütikofer an. „Den Atomkonsens hat auch die SPD im Koalitionsvertrag unterzeichnet“, sagt Meihsies. Drin steht, dass noch in dieser Legislaturperiode mit der Endlagersuche begonnen werde solle. Nach der NRW-Wahl ist fast schon kurz vor der Bundestagswahl im Herbst 2006, befürchten die Grünen – und sehen ihre Felle wegschwimmen.
Noch im November auf dem Landesparteitag in Melle hatte Trittin angekündigt, mindestens drei Standorte überirdisch und anschließend zwei davon auch unterirdisch untersuchen zu lassen. Auch parteiintern werde das nicht leicht werden. Trittin: „Auch bei Parteifreunden in Bayern und Baden-Württemberg wird das nicht nur Freude auslösen.“ ksc