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Archiv-Artikel

Bewährung für Wienand

Zwar befinden Richter den Ex-SPD-Politiker im Kölner Müllskandal für schuldig, sehen aber keine Rückfallgefahr

KÖLN taz ■ Karl Wienand kann seinen 78. Geburtstag heute in Freiheit feiern. Nach nur zwei Verhandlungstagen verurteilte das Kölner Landgericht den früheren parlamentarischen Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion gestern wegen Verwicklung in den Kölner Müllskandal zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren. Zudem verhängte es eine Geldauflage von 25.000 Euro. Damit blieben die Richter deutlich unter der Forderung der Staatsanwaltschaft von 3,5 Jahren Haft.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass sich Wienand im Zusammenhang mit dem mit gut elf Millionen Euro geschmierten Bau der Kölner Müllverbrennungsanlage in den 90ern der Beihilfe zur Untreue schuldig gemacht hat. Als Grund für die Bewährung nannte der Vorsitzende Richter auch die angegriffene Gesundheit des schwer Herzkranken: „Sie sind vom Leben gezeichnet, alt und krank: Es ist nicht zu erwarten, dass Sie erneut straffällig werden.“

Die Anklage hielt Wienand dagegen der Beihilfe zur Bestechung, Bestechlichkeit im besonders schweren Fall und Steuerhinterziehung für schuldig. Der Expolitiker, verurteilte Stasi-Spion und Unternehmensberater habe die Schmiergeldvereinbarung „wenn nicht hervorgerufen, dann mindestens befördert“. Er selbst habe 2,1 Millionen Euro kassiert. Wienands Eingeständnis, eine Million Euro erhalten zu haben, bewerteten die Ankläger nur als ein „halbherziges Teilgeständnis“. Verteidigung wie Staatsanwaltschaft kündigten Revision an. PASCAL BEUCKERFRANK ÜBERALL