nazi-cremer : Militanter Spießer
Sie haben die Springerstiefel gegen Lackschuhe getauscht, und statt der Glatze schmückt jetzt ein sauber gebürsteter Seitenscheitel den hohlen Schädel. Die Neonazis sind zumindest auf Funktionärsebene im Establishment angekommen. Ihr selbst gewähltes neues Image entspricht eher Biedermeier als nationaler Revolution. Auch Claus Cremer sitzt brav in seiner Bezirksvertretung. Wenn er etwas zu sagen hat, formuliert er eine schriftliche Anfrage. Seine Unzufriedenheit über soziale Ungerechtigkeit bringt er wie viele Linke als Gast auf der Bochumer Montagsdemo zum Ausdruck. Ein Demokrat? Kein bisschen.
KOMMENTAR VONKLAUS JANSEN
Das Verfahren gegen Cremer zeigt, wie eng NPD-Funktionäre und militante Schläger verbandelt sind – und wie selbstverständlich Positionen der guten alten dreißiger Jahre auch heute noch vertreten werden. Auch wenn es primär Aufgabe der Politik ist, sich mit Neonazis auseinanderzusetzen, ist es wichtig, dass die Justiz Menschen wie Cremer konsequent verfolgt. Nur wer deutlich macht, dass Nazi-Funktionäre und kriminelles Milieu schwer zu trennen sind, hält politikverdrossene Hartz-Opfer davon ab, braun zu wählen. Das gilt auch für die kommende Landtagswahl, bei der die NPD mit aller Macht und dem Einsatz ihres Bundesvorsitzenden das für sie bislang eher hoffnungslose Terrain NRW erobern will. Sollte Cremer im Sommer nach Düsseldorf umziehen, kann zumindest niemand mehr behaupten, er habe nicht gewusst, wen er sich da eingehandelt hat.