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Archiv-Artikel

Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Es war ein blutiger Reigen durch die Geschichte, in dem Verbrechen auf Verbrechen folgte, die Geschichte des Atridengeschlechts: bis „Iphigenie auf Tauris“, diese sanftmütige Heldin der Verweigerung, den blutigen Kreislauf unterbrach und seitdem als vorbildhafte Humanistin gilt. Schuld daran ist auch Johann Wolfgang von Goethe, der in sein Stück außerdem berühmt gewordene Sätze wie „das Land der Griechen mit der Seele suchend“ mischte. An der Schaubühne inszeniert nun mit Jossi Wieler ein Regisseur Goethes Klassiker, der mit seiner Uraufführung von Elfriede Jelineks Mordsdrama „Rechnitz“ (das als Gastspiel heute Abend noch einmal mal im HAU 1 zu sehen ist) bewiesen hat, dass er ein Händchen für deutsche Blutkreisläufe besitzt. Einer, der sich gern an Klassiker lehnt und zu ganz eigenen Tönen inspirieren lässt, ist der österreichische Dramatiker Ewald Palmetshofer, dessen metaphysisches Wohngemeinschaftsstück über letzte Fragen, „Wohnen. Unter Glas“, nun von Jakob Fedler in der Box des Deutschen Theaters in Szene gesetzt wird. Zu melden ist außerdem, dass die große Regisseurin und ehemalige Schaubühnen-Intendantin Andrea Breth nach langer Zeit mal wieder in der Stadt inszeniert, und zwar das abgründige Mörder-Künstlerdrama „Blaue Spiegel“ von Albert Ostermaier. Uraufführung (nach Voraufführungen heute und morgen) am Samstag im Berliner Ensemble. Im Zentrum ein Paar, bei dem sich die Frau ihren Mann als Monster denkt und man nicht weiß, inwieweit diese Gedanken Wahn oder Wirklichkeit sind. Im Potsdamer Hans Otto Theater fährt der nach Köln wechselnde Intendant Uwe Eric Laufenberg zum Abschied mit dem „Kirschgarten“ von Anton Tschechow noch einmal groß auf: Die Gutsbesitzerin Ranewskaja, die den Wandel der Zeiten nicht wahrhaben will, spielt die legendäre Angelika Domröse.

■ „Iphigenie auf Tauris“: Schaubühne, ab Do.

■ „Wohnen. Unter Glas“: Box des Deutschen Theaters, ab So.

■ „Blaue Spiegel“: Berliner Ensemble, ab Sa.

■ „Der Kirschgarten“ Hans Otto Theater Potsdam, ab Do.