: Gebühren für Digitales
Drei Internet-Initiativen fordern eine Zwangsabgabe für bislang kostenlos im Internet verbreitete Werke
Der „iPod“ und der „iTunes Music Shop“ von Apple haben dazu geführt, dass auch Mac-Besitzer richtige Sozialisten geworden sind. Die Musikstücke, für die sie bezahlt haben, legen sie brav in Ordnern ab, die sie für Tauschpartner in aller Welt freischalten. Sie finden es völlig überflüssig, sie dafür extra umzubenennen. Deswegen steht da immer noch „../iTunes/..“ und „../MacUser/..“.
Steven Jobbs hat sich nie Illusionen über diesen Effekt gemacht. Natürlich war ihm persönlich immer klar, dass die paar technischen Manipulationen wirkungslos sind, die seine „iTunes“-Titel vor dem Kopieren und kostenlosen Weitergeben schützen sollen. Wie man sieht, werden selbst Mac-User damit fertig. Die Einzigen, die an solche großspurig „Digital Rights Management“ genannten Tricks glauben, sind ein paar ewig gestrige Dummköpfe in der Musikbranche, die genau deswegen ziemlich pleite ist. Leider haben diese Leute aber noch Anhänger in der EU und auch in Berlin, obwohl das dort für diese Frage zuständige Justizministerium eigentlich alles besser weiß. Die Ministerin Zypries hat schon vor Monaten mit ergreifender Schlichtheit festgestellt, dass ein Recht sinnlos sei, wenn es sich nicht durchsetzen lässt. In seiner alten Form ist das Urheberrecht nun mal auch mit technischen Tricks nicht durchsetzbar. Aber die Sachbearbeiter haben es wieder nicht geschafft, daraus die einzig mögliche Konsequenz zu ziehen: Digitale private Kopien sind erlaubt, weil sie nicht verboten werden können. Der Referentenentwurf für die anstehende zweite Novelle zum Urheberrecht setzt stattdessen auf ominöse „Geschäftsmodelle“ mit oder ohne „Digital Rights Management“, über die noch nicht entschieden werden könne.
Wann denn, wenn nicht jetzt? Das fragen die Initiative „privatkopie.net“, das „Netzwerk Neue Medien“ und das „Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FifF)“ in einer gemeinsamen Stellungnahme, die sie dem Ministerium auf den Weihnachtstisch gelegt haben. Den augenzwinkernden Vorschlag der Ministerin, den eigentlich illegalen Tausch urheberrechtlich geschützter Daten als Bagatelldelikt zu dulden, empfinden sie als unseriös. Sie verlangen stattdessen eine ordentliche, rechtsstaatliche, grundsätzlich aus den übergeordneten Interessen des Gemeinwesens abgeleitete Regel. Das 32 Seiten starke Papier ist unter „privatkopie.net/files/Stellungnahme-RefE-2Korb.pdf“ abzuholen und wirklich ein wahres Weihnachtsgeschenk für wahre Sozialdemokraten. Denn es schlägt eine Kultursteuer vor, um den Autoren von kostenlos zugänglichen Werken doch noch Honorare auszahlen zu können. Sie soll von den Internetprovidern eingezogen werden.
Vorbilder dafür sind die Gema oder die Abgabe auf Kopiergeräte. Ob eine solche staatlich abgesicherte, zwangsweise Umverteilung im Netz funktioniert, wissen die Autoren auch noch nicht so genau. Sie halten sie lediglich für legal im Rahmen der bereits bestehenden nationalen und internationalen Vorschriften für den Umgang mit geistigem Eigentum. Sie möchten sie in der Praxis ausprobieren und fordern Anhörungen und Konferenzen – also genau das, was die Berliner Regierung am besten kann. Sie sollte den Vorschlag dementsprechend aufgreifen.
NIKLAUS HABLÜTZEL