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Archiv-Artikel

„Wettbewerb in Freundlichkeit“

Viele Ausländerbehörden sind in den letzten Jahren netter geworden, bilanziert der Präsident der Humboldt-Stiftung, Wolfgang Frühwald, zur letzten Preisverleihung

taz: Herr Frühwald, in diesem Januar vergeben Humboldt-Stiftung und Stifterverband den Preis für die freundlichste Ausländerbehörde zum letzten Mal. Darf man jetzt wieder unfreundlich zu Ausländern sein?

Wolfgang Frühwald: Die Aktion war auf drei Jahre begrenzt, weil wir keine Stiftungsmittel für längere Zeit einwerben konnten. Wir hoffen aber, dass der Preis über seine Zeit hinaus wirkt und wollen auch in Zukunft überprüfen, ob die Unfreundlichkeit in den Behörden wieder Einzug hält.

Sind in den ausgezeichneten Ämtern alle Probleme erledigt?

Keineswegs. In manchen Ämtern gibt es noch immer einen Unterschied zwischen der sehr freundlichen und zuvorkommenden Behandlung von Wissenschaftlern und Studenten und der kalten und bürokratischen Behandlung anderer Aufnahmesuchender in Deutschland. Aber das Klima hat sich in den letzten vier bis fünf Jahren deutlich verbessert.

Sie haben nur die Abteilungen für ausländische Studenten prämiert?

In großen Ämtern ja; bei kleineren Behörden haben wir das ganze Amt ausgezeichnet. Wir haben den Beamten zur Auflage gemacht, einen Plan für die Verwendung des Preisgeldes von 25.000 Euro vorzulegen.

Was hat sich durch den Preis verbessert?

Zum Beispiel der Empfang: Es gibt Kinderecken, Flugblätter liegen aus, man zieht eine Nummer und muss nicht mehr stundenlang warten. Zum Teil kann man sich elektronisch anmelden. Und es gibt inzwischen einen Wettbewerb in Freundlichkeit unter den Ausländerbehörden.

Und welche Behörde ist die beste?

Das weiß ich nicht. Aber wir zeichnen in diesem Jahr zwei Behörden aus, die den Preis schon einmal bekommen haben: Erlangen und Kassel. Wenn jemand auf dem gleichen Niveau bleibt, ist das anerkennenswert.

Andere sind dagegen wieder vom Niveau abgefallen?

Nicht unbedingt. Am schwersten haben es natürlich die ganz großen Behörden, beispielsweise in Berlin, Frankfurt und München, mit ihrer riesigen Klientel.

Freundlichkeit ist also eine Frage von Größe?

Auch, aber nicht nur. Leipzig, eine wirklich große Behörde, hat sich seit Anfang des Wettbewerbs so gesteigert, dass wir sie jetzt auszeichnen konnten. Über die kleine, ausgezeichnete Behörde in Wismar schreiben Vorschlagende, dass Sachbearbeiter sie beim Einkaufen fragen, wie es ihnen gehe. Das ist eine persönlichere Situation als beispielsweise in Frankfurt, wo sie mit vielen Hunderten Schlange stehen müssen.

Haben Sie jetzt einen Masterplan für eine gut organisierte Ausländerbehörde?

Den können wir ohne weiteres erstellen. Im ersten Jahr planten die Ämter vor allem, ihre Räume frisch zu streichen. Die Ausländerbehörden waren in den schlechtesten Räumen der Verwaltungen einquartiert. Das hat sich im Laufe von drei Jahren enorm verbessert. Jetzt ist es so, dass die Stadt zusätzlich Verbesserungen verspricht, wenn sie den Preis bekommt. Das Preisgeld ist ein Startgeld für eine bessere Behandlung der Behörde durch die Kommune geworden.

Schade nur, dass es dieses Startgeld jetzt nicht mehr gibt.

Es war eine einmalige Aktion des Stifterverbandes, der sich jetzt anderen Projekten zuwenden wird. Wir müssen uns, wenn wir das Programm wieder aufnehmen wollen, mit einer neuen Idee an Sponsoren wenden.

INTERVIEW: DANIEL ZWICK