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Archiv-Artikel

Über Ulmen

Als „Mein neuer Freund“ (Pro 7) bringt ein unausstehlicher Christian Ulmen Menschen in Rage, die sich dafür mit 10.000 Euro belohnen lassen wollen

VON PEER SCHADER

„Das kann doch nicht dein Ernst sein“, sagt die Mutter zur Tochter, nachdem die den Eltern ihren neuen Freund vorgestellt hat. Ist es ja auch gar nicht. Bloß darf Mama Rita das zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen. Drei Tage muss die Studentin Diana vortäuschen, dass sie mit dem unausstehlichen Möchtegern-Entertainer Knut Hansen zusammen ist – so will’s zumindest der Deal mit Pro 7. Nur die 26-Jährige weiß, dass sämtliche Situationen mit versteckter Kamera gefilmt werden. Hält sie ein Wochenende durch, zahlt der Sender 10.000 Euro Schmerzensgeld. Gibt sie auf, war die Quälerei umsonst.

„Mein neuer Freund“ heißt das Format, das sich Pro 7 beim britischen Original von Channel 4 abgeguckt hat und heute Abend als „Real Life Comedy“ erstmals auf Sendung schickt (21.15 Uhr). Für alle Kandidaten der acht Folgen bleibt bis zum Schluss des Spiels geheim, dass hinter den merkwürdigen Typen in Wirklichkeit ein grandios verkleideter Christian Ulmen steckt, der ihnen das Leben zur Hölle machen soll – als versnobter Alexander von Eich, als nervtötender Therapeut Veith oder als Schluffi Ecke. Seine Verkleidungen hat der Ex-MTV-Moderator vor Drehbeginn in Kneipen getestet – so erfolgreich, dass er manchmal gar nicht erst bedient worden ist: „Wenn du scheiße aussiehst, wirst du ignoriert.“

In der ersten Folge genießt Ulmen als Ekelpaket Knut Hansen jedoch die ungeteilte Aufmerksamkeit seines Umfelds.

Er blamiert Diana vor Bekannten mit expliziten Aktzeichnungen, weist eine Freundin zurecht, sie solle ihn nicht ständig lüstern ansehen, und macht bei seinem Bühnenauftritt in Anwesenheit der Eltern derbe Scherze über deren Tochter. Zu nächtlicher Stunde saugt Knut die Wohnung und hängt seine Unterwäsche zum Trocknen auf.

Nicht alle Opfer wollten sich Ulmens Unausstehlichkeiten zumuten lassen. Zwei Kandidaten haben das Experiment vorzeitig beendet und aufs Geld verzichtet. Ulmen gibt sich erstaunt: „Die beiden Charaktere, wegen denen abgebrochen wurde, waren in meinen Augen die harmlosesten.“ Einmal führte ein versalzenes Essen zum Eklat, ein andermal, dass der „neue Freund“ das für die Party eingekaufte Bier in den Ausguss kippte, um die Gäste vor schädlichem Alkoholgenuss zu bewahren.

Die Mehrheit hat die Zumutungen dennoch ertragen: „Das Geld hat eine gute Alibifunktion, wenn hinterher jemand fragt: Warum hast du denn so einen Quatsch gemacht?“, so Ulmen.

Das Ekel spielt der 29-Jährige äußerst überzeugend. Selbst in absurden Situationen kann er sich das Lachen verkneifen. „Um das zu ertragen, muss man sich konzentrieren und lacht deswegen nicht“, erklärt Ulmen.

Als Knut Hansen ist er mit Diana und ihrem Umfeld allerdings hoffnungslos unterfordert. Niemand möchte unfreundlich sein, keiner widerspricht, alle gehen über Knuts Peinlichkeiten hinweg, zumindest in dessen Anwesenheit.

Das ist fast etwas zu viel der Harmonie – und macht Ulmen stets zum Herrn der Lage. Nach fast 50 Minuten hat das Chaos ein Ende. Diana darf ihre Eltern endlich aufklären. Ausgerechnet davon bekommt der Zuschauer aber nichts mehr mit. Man sieht bloß kurz, wie Mutter und Tochter sich in den Arm nehmen und der zurückverwandelte Christian Ulmen seine Ex-„Freundin“ überrascht.

Ob die Eltern sauer waren, von ihrer Tochter hinters Licht geführt worden zu sein, und was Diana dazu sagt, dass sie die ganze Zeit selbst etwas vorgespielt bekommen hat, erfährt man nicht. Der Höhepunkt der Show ist dann schon leider gar keiner mehr. Dann läuft auch schon der Abspann.