Durch den Korridor des Rathauses

Die Bremerhavener Jusos wollen die Politikverdrossenheit bekämpfen: mit einem Rathausbesuch für ErstwählerInnen

Bremerhaven taz ■ Mit einem so genannten „politischen Geburtstag“ möchten die Jusos in Bremerhaven in Zukunft ErstwählerInnen an die Urne bringen. Dazu sollen die Bürgermeister einen Tag im Jahr alle 18-jährigen Jugendlichen zu einem Empfang einladen. Die NeuwählerInnen sollen dann durchs Rathaus geschleppt werden und dürfen den „Spitzen aus Politik und Verwaltung“ die Hände schütteln.

„Die Anstrengungen zur politischen Bildung der jungen Generation müssen forciert werden“, begründet der Bremerhavener Juso-Chef Denis Pijetlovic die Maßnahme. Mit exakt derselben Formulierung hatte den Vorschlag schon der Liberalenchef Christian Lindner aus dem Rhein-Berg-Kreis in einem entsprechenden Aufruf präsentiert. Ursprünglich stammt die Idee aus Nordrhein-Westfalen, dort vertraten sie Jusos und Liberale.

Große Erfahrungswerte einer solchen Veranstaltung hätten die Jusos zwar nicht, sagt Pijetlovic. Von ihrer Überzeugung bringt sie das indes nicht ab: „Hätte ich an meinem 18. Geburtstag eine solche Einladung beispielsweise von Henning Scherf bekommen, wäre ich viel früher politisch geworden“, meint Pijetlovic.

Die Verabschiedung ins Erwachsenenleben sei zu formlos geworden, klagt der Juso-Chef aus Fischtown. Es müsse wieder einen offiziellen Rahmen geben, bei dem die Jugendlichen sich ihrer Verantwortung als Volljährige bewusst würden. „Ganz so schlecht“, sagt Pijetlovic, „ist der frühere Schwur auf das Grundgesetz doch nicht gewesen.“

Ihren Vorstoß sehen Jungsozialisten als einen Beitrag zur Überwindung der Politik- und Parteienverdrossenheit an. Natürlich würden sie sich als SPD-Nachwuchs auf einem solchen Informationstag ebenfalls darstellen. Zunächst wollen sie bei ihrer Mutterpartei um Zustimmung für ihre bahnbrechende Idee werben.

Junge-Union-Landeschef Claas Rohmeyer bezweifelt derweil den Sinn einer solchen Aktion: „Jugendliche durch lange Verwaltungskorridore zu schicken, ist kein Mittel gegen Politikverdrossenheit. Wenn die Jusos dafür Zeit haben, können sie es gerne machen.“ Die Junge Union, sagt er, bevorzuge die direkte Beteiligung im Rahmen eines Jugendparlamentes. JPA